Im Jahre 1955 verbot der Deutsche Fußballbund (DFB) seinen Vereinen, Frauenfußball anzubieten. Der damals bezeichnenderweise noch als "Damenfußball" bezeichnete Sport widerspreche der "Natur des Weibes", hieß es in der Begründung. Heutzutage ist Frauenfußball eine der am stärksten wachsenden Sportarten in Deutschland, nicht zuletzt wegen der Erfolge der deutschen Nationalmannschaft. Das Beispiel zeigt, wie stark sich Geschlechterkonzepte im Sport historisch wandeln können. Carola Westermeier von der Justus-Liebig-Universität Gießen hat sich mit den verschiedenen Weiblichkeitskonstruktionen im Frauensport und deren medialer Repräsentation beschäftigt. Welche Bilder werden im und über den Sport transportiert? In welchem Verhältnis stehen Sport und Gesellschaft? Welche Rolle spielen die Medien? Wir haben Frau Westermeier dazu befragt.
"Medien zeigten Spielerinnen in ihrer Rolle als Mutter oder in ihrem Alltag"
L.I.S.A.: Frau Westermeier, Sie beschäftigen sich mit dem Themenfeld Gender und Sport in den Medien. Zuletzt fand in Kanada die Fußballweltmeisterschaft der Frauen statt. Bei der EM 1989 erhielt die deutsche Nationalmannschaft der Frauen noch ein Kaffeeservice als Siegprämie. Entsprechend wurden Sportlerinnen in den Medien lange Zeit auf ihre Rolle als Frauen reduziert. Sportlerinnen waren sozusagen immer zuerst Frau und erst in zweiter Linie Sportlerin, was oft als Konflikt betrachtet wurde. Wie hat sich die Berichterstattung in den letzten Jahrzehnten entwickelt?
Westermeier: Pauschalisieren lässt sich die gesamte Berichterstattung in den Medien natürlich nicht. Es kommt sehr auf das Format und das Medium selbst an, wie berichtet wird. Jedoch zeigt sich, dass sich viele Sportlerinnen in einer schwierigen Situation wiederfinden, scheinbar antagonistische Rollen miteinander verbinden zu müssen: Frau und Athletin. Nina Degele nennt es das „Dilemma von Weiblichkeit und Professionalität“. Das gilt insbesondere für Frauen, die eher männlich-konnotierte Sportarten ausüben. Beispielsweise behandelten Berichte über den Frauenfußball in den 1970er Jahren das Phänomen als etwas Exotisches. Mitunter wurde in der Berichterstattung mit der offenen Ablehnung gegenüber der Sportart nicht hinterm Berg gehalten. Sie galt als brutal und unweiblich. Das änderte sich zunehmend, und mit der Europameisterschaft 1989 in Deutschland wurde Frauenfußball mehr und mehr akzeptiert. Die Berichterstattung in den Printmedien zeigte in dieser Zeit viele Spielerinnen in ihrer Rolle als Mutter oder in ihrem Alltag. Frauenfußball war „Fußball mit Herz“. So gelang es den genannten Antagonismus zu überwinden. Was nicht unbedingt zur Folge hatte, dass das öffentliche Interesse an der Sportart deutlich stieg.
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