Klimawandel, Ressourcenknappheit, Radikalisierung: Die meisten hausgemachten Probleme der heutigen Gesellschaft lassen sich auf mangelnde Bildung zurückführen. Die Antwort auf Fragen der Bildung müssen internationale Anstrengungen für die Bildung breiter Bevölkerungsschichten sein, sagen die Demographieforscher Prof. Reiner Klingholz und Prof. Wolfgang Lutz. Denn auch die Folgen mangelnder Bildung seien weltweit zu spüren und machten vor Grenzen nicht Halt. Sie zeigen in ihrem Band "Wer überlebt? Bildung entscheidet über die Zukunft der Menschheit" exemplarisch die Ursachen, Wirkungen und Risiken niedriger Bildung auf und entwickeln mögliche Szenarien, nach denen sich das Bildungsniveau der Weltbevölkerung und mit ihm die Krisen der Moderne entwickeln könnten.
"Bildung wichtig für langfristige Erhöhung menschlicher Lebensqualität"
L.I.S.A.: Prof. Lutz, gemeinsam mit Prof. Dr. Reiner Klingholz haben Sie ein Buch zum Thema Bildung veröffentlicht, das den Titel trägt: „Wer überlebt? Bildung entscheidet über die Zukunft der Menschheit“. Darin diskutieren Sie die Folgen von Bildung und auch gerade von Nichtbildung für Staaten, deren Gesellschaft und Wirtschaft in einem globalen Rahmen. So weisen Sie unter anderem vermehrt auf die Probleme von Umweltschutz, Überpopulation und Migration hin, die eben nicht an Grenzen Halt machen. Was hat Sie dazu motiviert, das Thema gerade in diesem Rahmen zu diskutieren? Spielte auch die aktuelle Flüchtlingsdebatte eine Rolle bei Ihren Überlegungen?
Prof. Wolfgang Lutz: Die Flüchtlingsdebatte in Europa seit 2015 hat keinen direkten Bezug zu diesem Buch, das wir schon zuvor konzipiert haben. Der Grund für dieses Thema liegt in den Ergebnissen meiner langjährigen Forschung, die auf globaler Ebene zu verstehen versuchte, welche Faktoren für langfristige und nachhaltige Erhöhung menschlicher Lebensqualität am wichtigsten sind. Und da sticht die Bildung, nicht von Eliten sondern der ganzen Bevölkerung, klar hervor. Es zeigt sich aber jetzt, dass viele der Probleme, über die wir heute diskutieren - wachsende Konflikte, Terror, Flucht und Vertreibung - sehr viel mit unserem Thema zu tun haben. Denn betroffen sind davon vor allem Länder, in denen Bildung lange vernachlässigt wurde, in denen deshalb die Bevölkerung stark wächst, wo die Menschen wenige Chancen haben, wo es an wettbewerbsfähigen Unternehmen und Arbeitsplätzen fehlt und wo fast zwangsläufig soziale und politische Probleme hochkochen. Bildung, beziehungsweise Bildungsmangel haben also sehr wohl mit der Flüchtlingskrise zu tun.