L.I.S.A.: Noch 2012 haben die EU und die Bundesrepublik aus politischen Gründen – Stichwort: Atomstreit – umfassende Sanktionen gegen den Iran ausgesprochen. Hat die politische Lage insgesamt Einfluss auf Ihre Arbeit?
Dr. Thomalsky: Natürlich, da sind zum einen rein technischen Aspekte zu nennen, wie Geldtransfer, oder die Einfuhr von Spezialtechnik. Die Kommunikation und ein regelmäßiger Austausch – in der Wissenschaft sehr wichtig, da nur lebendig geführte Diskussion uns weiterbringen – mit den iranischen Wissenschaftlern war sehr schwierig. Besonders problematisch in den letzten Jahren waren die Visabestimmungen, was vor allem dazu führte, dass die Kollegen internationalen Veranstaltungen fernblieben. Für die Iranische Forschung insgesamt hatten die Sanktionen – wie schon erwähnt – sehr negative Wirkungen, da Grundvoraussetzungen für die archäologische Arbeit einfach nicht verfügbar waren.
L.I.S.A.: Politisch Eiszeiten haben nicht selten zur Folge, dass das Interesse am anderen Land nachlassen kann. Gibt es in Deutschland ausreichend Expertinnen und Experten zur Archäologie im Iran?
Dr. Thomalsky: Tatsächlich ist es so, dass es nur wenig Spezialisten für Iranische Archäologie gibt – dies liegt aber vor allem daran, dass die deutsche Universitätslandschaft (außer Spezialfächern wie Iranistik oder Islamwissenschaften) ihren Fokus traditionell auf Mesopotamien legt. Es gibt aber großes Interesse an der Archäologie Irans, und das nicht erst seit heute – das DAI hat seit der Gründung des Instituts in Teheran in den 1960iger Jahren im ganzen Lande geforscht. Diese nachhaltigen Beziehungen zwischen Iran und Deutschland haben wir ja auch 2011 mit der Ausstellung Teheran 50 in Berlin gefeiert. Einmal etabliert, sind Archäologen gleichermaßen zäh, ausdauernd, flexibel und neugierig genug, um auch in schwierigen Zeiten den Dialog aufrechtzuerhalten. Die jetzige Situation bringt uns dazu, wieder einmal neue Perspektiven einzunehmen. Die Archäologie schaut gerne nach Iran. Diese Entwicklung wird sicherlich neue Impulse geben, und genug Möglichkeiten bieten, neue Forschungsrichtungen zu entwickeln.