Wer etwas 'auf gut Deutsch' sagt, möchte Klartext sprechen – eine Aussage klar, direkt und unverblümt vermitteln. Diese Redewendung, die heute harmlos wirkt, diente den Köpfen der nationalsozialistischen Bewegung in der Weimarer Republik als Mittel, um völkische Hetze zu verbreiten. Bereits im Jahr 1918 gründete Dietrich Eckart, ein Münchner Verleger, die Zeitschrift 'Auf gut deutsch'. Die Zeitschrift wurde zum wichtigsten Sprachrohr in den Anfangsjahren der NS-Bewegung und Eckart zum Mentor, Förderer und Freund Adolf Hitlers. Mit der Historikerin Dr. Heike Görtemaker haben wir über die Redewendung, die Hetzschrift und den Zusammenhang von Propaganda und Sprache gesprochen.
"Eine der ersten völkisch-rassistischen Propagandaschriften"
L.I.S.A.: Als NS-Printmedien sind der breiteren Öffentlichkeit vor allem „Der Stürmer“ und der „Völkische Beobachter“ geläufig. Andere NS-Zeitungen hießen zum Beispiel „Die Bewegung“, „Das Reich“ oder „Der Angriff“. Die Zeitschrift „Auf gut deutsch“ fällt mit ihrem Namen doch ein wenig aus der Reihe. Stimmt die Beobachtung? Ist bekannt, warum der Name gewählt wurde? Welche Assoziationen sollten damit geweckt werden?
Dr. Görtemaker: Das antisemitische Hetzblatt Auf gut deutsch. Wochenschrift für Ordnung und Recht gab es, im Gegensatz zu allen anderen von Ihnen genannten Zeitungen, schon vor Gründung der NSDAP am 24. Februar 1920. Es erschien seit Dezember 1918 im Hoheneichen-Verlag in Wolfratshausen bei München, den der völkische Dichter Dietrich Eckart bereits im Mai 1916 erworben hatte. Der Zeitpunkt der Ersterscheinung des Blattes war indessen kein Zufall. Nur wenige Wochen zuvor, im November 1918, war in Deutschland die Monarchie abgeschafft und in Bayern eine kommunistische Räterepublik nach sowjetischem Vorbild errichtet worden. In München herrschten infolge des verlorenen Ersten Weltkrieges chaotische Zustände. Viele Menschen lebten in Elendsquartieren und hungerten. Zwar scheiterte die Räterepublik, doch der Versuch ihrer Errichtung beförderte die Entstehung extrem antikommunistischer, antidemokratischer und antisemitischer Gegenkräfte, darunter der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund oder auch die Thule-Gesellschaft, deren Versammlungen Eckart besuchte. Etwas „auf gut Deutsch“ zu sagen, bedeutet ja Klartext zu reden, mit einfachen Worten für jeden verständlich einen Sachverhalt darzustellen. Und Eckart wollte seinen Lesern in aller Deutlichkeit erklären, dass der „jüdische Bolschewismus“ die Verantwortung für den verlorenen Krieg trage und Schuld sei am gesellschaftlichen und ökonomischen Niedergang des Deutschen Reiches.