Welche Rolle spielten Kölnerinnen für Universität, Stadt und Weimarer Republik? In einem Forschungsprojekt unter Leitung der Historikerin Prof. Dr. Ute Planert gingen Studierende diesen Fragen nach: Wie wirkten sich Erster Weltkrieg und das Frauenwahlrecht, das 1919 eingeführt wurde, auf das Selbstverständnis der Kölner Frauen aus? War die Kölner Frauenbewegung Vorreiter oder Nachzügler? Und wie sah die Gleichberechtigung in der Praxis aus? Im Interview haben wir mit Ute Planert, Mareike Hollmann, Lisa Szemkus, Janine Zeising und Lukas Doil von der Universität zu Köln über diese und weitere Fragen gesprochen.
"Mittendrin die Studentinnen an der neuen Kölner Universität"
L.I.S.A.: Prof. Planert, Sie sind die Herausgeberin der Publikation „Alberts Töchter. Kölner Frauen zwischen Stadt, Universität und Republik (1914-1933)“. Warum Frauengeschichte? Welche Überlegungen gingen dem Band voraus?
Prof. Dr. Ute Planert: Köln feiert 2019 das 100-jährige Jubiläum seiner neuen Universität – die alte, deren Anfänge auf die Klosterschule des mittelalterlichen Gelehrten Albertus Magnus zurückgehen, war am Ende des 18. Jahrhunderts geschlossen worden. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts erkämpften sich Frauen schrittweise den Zugang zur höheren Bildung, und so waren an der neuen Universität von Anfang an auch Studentinnen eingeschrieben. 1919 war aber nicht nur das Jahr der Kölner Universitätsgründung, sondern auch das Jahr, in dem Frauen erstmals wählen durften und die neue Weimarer Republik die „grundsätzliche Gleichberechtigung“ der Geschlechter in die Verfassung schrieb. Und schließlich war 1919 das Jahr, in dem der Erste Weltkrieg gerade vorbei war und sich die Probleme der Nachkriegszeit umso deutlicher zeigten. Nachkriegsnot, die neue Republik, das Frauenwahlrecht - und mittendrin die Studentinnen an der neuen Kölner Universität. Köln war gewissermaßen ein Labor der Moderne, in der neue Rechte und alte Gewohnheiten vor dem Hintergrund politischer Umbrüche und sozialer Verwerfungen aufeinanderprallten. Diese einzigartige Situation hat mich interessiert, deswegen habe ich ein Forschungsprojekt mit Studierenden dazu angestoßen. Wir wollten wissen, welche neuen Handlungsmöglichkeiten sich für Frauen eröffneten, mit welchen Hindernissen sie zu kämpfen hatten, wie die Gesellschaft reagierte und ob sich die Vorstellungen von dem, was sich für Männer und Frauen schickte, erweiterten. Der Blick ist zwar auf die Situation der Frauen gerichtet, weil sich hier so vieles neu war. Aber man kann gar nicht auf ein Geschlecht allein blicken, weil sich notwendigerweise immer die Dynamik der Geschlechterbeziehungen und die Gesellschaft als Ganzes mit verändert. Insofern geht es hier nicht um Frauengeschichte, sondern um eine Geschlechtergeschichte der frühen Weimarer Republik. Das zeigen auch die Ergebnisse, die Studentinnen und Studenten in Rahmen des Projekts erarbeitet haben.