Der Einfluss sogenannter Sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter auf die Meinungsbildung und die Mobilisierung ihrer Nutzer und Nutzerinnen ist heute kaum noch zu überschätzen. Einen ersten Eindruck davon gewann die Öffentlichkeit während des Arabischen Frühlings, dessen große Auswirkungen vor allem dem Einsatz von Sozialen Medien zugeschrieben wurde. Dann die Präsidentenwahlen in den USA oder Abstimmungen wie beispielsweise zum Brexit in Großbritannien. Spätestens danach kamen erste Zweifel an der Macht von Facebook & Co. auf. Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Dr. Carlo Schwarz und Dr. Karsten Müller von der University of Warwick haben sich in diesem Zusammenhang den Einfluss von Facebook auf die Flüchtlingsdebatte in Deutschland angeschaut und analysiert. Wir haben ihnen dazu unsere Fragen gestellt.
"Inhalte, die den eigenen Vorlieben entsprechen"
L.I.S.A.: Herr Dr. Müller, Herr Dr. Schwarz, Sie haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt untersucht, inwiefern in Deutschland die Social Media-Plattform Facebook Einfluss auf die Einstellungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer gegenüber Flüchtlingen ausübt. Ihre Forschungsergebnisse sind sogar zuletzt in den USA auf Interesse gestoßen. Bevor wir dazu kommen, könnten Sie uns zu Beginn das Projekt kurz vorstellen? Worum geht es darin genau?
Dr. Müller/Dr. Schwarz: Seit einiger Zeit wird in Medienberichten häufiger diskutiert, ob soziale Medien einen verstärkenden Effekt auf Hassverbrechen haben könnten. Die Idee dahinter ist, dass Plattformen wie Facebook oder auch Youtube ihre Nutzer vor allem auf Inhalte verweisen, die den eigenen Vorlieben entsprechen. Eine lange Reihe an existierender Forschung hat gezeigt, dass dies zu „Echo-Kammern“ führen könnte, die die bestehende Meinung der Nutzer verfestigen, ohne diese anderen Positionen auszusetzen.
Wir haben untersucht, ob soziale Medien dadurch auch einen Effekt auf das Verhalten in der reelen Welt haben könnten. Als Fallstudie haben wir hier Deutschland zwischen Anfang 2015 und 2017 gewählt, weil die recht aufgeheizte Stimmung zum Thema Flüchtlinge reichlich Nährboden für einen möglichen verstärkenden Effekt von Social Media bietet.
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