Im Jahr 1989 verdichtete sich der Eindruck eines raschen und unkontrollierten Wandels in mehreren Gegenden der Welt. Die Art und Weise, wie Westeuropäer dieses Phänomen wahrnahmen und auf spektakuläre Ereignisse des Jahres 1989 reagierten, ist ein gutes Beispiel für die ambivalente Dynamik von Befürchtung und Selbstvergewisserung, wenn Sicherheiten erschüttert werden. Am Beispiel Frankreichs und der Bundesrepublik stehen westeuropäische Reaktionen auf das Massaker auf dem Tian’anmen-Platz, den Fall der Mauer in der DDR und den Sturz Ceaușescus in Rumänien im Mittelpunkt.
Hélène Miard-Delacroix zeigt, wie sich Emotion und Analyse in der Wahrnehmung des Wandels und in Krisennarrativen verbinden können. Dabei wird insbesondere die Semantik der Empörung und der Betroffenheit beobachtet, wie sie in Bezug auf das eigene Wertesystem in Deutungs-, Argumentations- und Entscheidungsprozessen mobilisiert wurden.
Im Anschluss kommt Hélène Miard-Delacroix mit Professor Jörn Leonhard, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Fritz Thyssen Stiftung, ins Gespräch.
Hélène Miard-Delacroix ist Professorin für deutsche Zeitgeschichte an der Sorbonne Université in Paris. Ihr Spezialgebiet ist die deutsche Geschichte der Neuesten Zeit, sowohl im politischen Gefüge Europas als auch im speziellen deutsch-französischen Verhältnis.