Die Entdeckung der ellipsenförmigen Umlaufbahnen der Planeten machte Johannes Kepler zum Mitbegründer der modernen Wissenschaft. Ulinka Rublack entfaltet auf Basis einer einzigartigen Quellenlage eine weitaus weniger bekannte Episode in Keplers Biographie: Im Jahr 1615 wird seine verwitwete Mutter der Hexerei bezichtigt und angeklagt. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere übernimmt Kepler ihre Verteidigung vor Gericht und kämpft für ihre Freisprechung. Was bedeutet der Vorwurf der Hexerei für die Beschuldigten und ihre Angehörigen in einer Welt, in der Volksglaube und Wissenschaft nebeneinander existieren? So ergreifend wie schockierend zeugt Rublacks souveräner Bericht von einer Epoche, die sich hundert Jahre nach der Reformation und an der Schwelle zum Dreißigjährigen Krieg im Aufbruch befindet – zwischen vernunftgeleiteter Moderne und dem Terror der Hexenverfolgung. Rublacks Lesung führt anhand von vier Passagen ihres mit dem Historikerpreis 2019 gewürdigten Buches und im Gespräch in das Denken Keplers und seine große Verteidigungsschrift der Mutter ein.
Anschließend diskutiert Ulinka Rublack mit Professor Peter Burschel, Inhaber des Lehrstuhls für Kulturgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit an der Georg-August-Universität Göttingen sowie Direktor der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.