Es waren Frankreich, Großbritannien und die USA, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im westlichen Teil Deutschlands die Demokratie wiedererrichteten. Aber zugleich stand auch in den „alten“ Demokratien Westeuropas nicht fest, wie die Demokratie der Zukunft aussehen sollte. Denn auch für ihre Gesellschaften blieb der Zweite Weltkrieg nicht folgenlos: In Frankreich war die Akzeptanz der Demokratie nach Besatzungsherrschaft und Vichy-Regime keinesfalls selbstverständlich und Großbritannien wurde etwa vom Verlangen seiner Kolonien nach Selbstbestimmung herausgefordert. Überall in Europa veränderte die Erfahrung des Nationalsozialismus und des Weltkriegs wie Menschen über die Demokratie und ihre Grundlagen nachdachten.
Die Historikerin Sonja Levsen, Spezialistin für die Geschichte der europäischen Demokratien, stellt diese vielfältigen Neuanfänge der Nachkriegsgeschichte ins Zentrum ihres Vortrags und eröffnet mit ihm die Schwerpunktreihe „Gründungsgeschichten“. Sie geht den Hoffnungen und Ängsten, den Erfahrungen der Vergangenheit und den Visionen einer demokratischen Zukunft nach, die sich mit der Suche nach der Demokratie in Deutschland und Europa nach 1945 verbanden.