Es gibt viele Gründe, sich für Klöster in Afrika zu interessieren. Zum Beispiel, um ihr emanzipatorisches und transformatives Potential für Frauen zu verstehen, dass sie trotz der strukturellen Unterordnung von Frauen innerhalb des Katholizismus besitzen. Ein weiterer Grund, Klöster in Afrika genauer zu untersuchen, ist das Spannungsverhältnis zwischen ihrer Verankerung im Lokalen durch das Gelöbnis der Stabilität und ihrem Führungsmodell, das einer Netzwerklogik unterliegt, die die geografischen Grenzen überschreitet. Klöster sind seit ihrer Gründung globalisiert. Der Austausch von Wissen, Ressourcen und Menschen fließt nicht nur von Europa nach Afrika, sondern auch umgekehrt von der vermeintlichen Peripherie Afrika nach Europa. Ein weiterer Grund, sich für Nonnen und Mönche in Afrika zu interessieren, ist ihr besonderes soziales Engagement: für die Welt und für die Bedürftigsten, während sie versuchen, sich durch eine mehr oder weniger strenge Klausur von der Welt zu distanzieren. Schließlich muss man sich fragen, welche Folgen die Einführung einer radikal anderen Lebensform - die eines Gemeinschaftslebens unter Zölibatären, die sich dem Gebet widmen - in afrikanischen Gesellschaften haben könnte.
Die Fotografien und Collagen sind Ausdruck dieser Fragen, die wir uns im Rahmen eines Forschungsprojekts „Kontemplation und Gesellschaftsengagement. Westafrikanische Klöster, transnationale Netzwerke und alternative Ökonomien“ gestellt haben und, die der Fotograf, Nyaba Ouédraogo, visuell umgesetzt hat.
Der erste Schritt einer Klostergründung ist die Suche nach einem geeigneten Stück Land. Der Boden sollte landwirtschaftlichen Anbau zu lassen, Wasser zugänglich sein und die Anfahrtswege praktikabel, wenn auch nicht zu nah an einer größeren Stadt, um die zur Kontemplation notwendige Stille zu gewährleisten. Auch die umliegende Bevölkerung ist ein Kriterium für die Auswahl des Ortes. Für einige Klostergründungen war das Vorhandensein einer christlichen Gemeinschaft ausschlaggebend, für andere deren Abwesenheit, in der Hoffnung die muslimischen Nachbarn oder Animisten anzuziehen. Karten können unter bestimmten Bedingungen, wenn es beispielsweise zu Streitigkeiten mit der umliegenden Bevölkerung kommt, zu einem wirkungsvollen Symbol für die Aneignung von Land werden.
In einem zweiten Schritt wird das Land zur Landschaft. Christliche Namen werden gegeben, das Gelände entsprechend christlicher Ordnungsvorstellungen angelegt und bebaut. Die Namen einiger Flächen des Klostergeländes von Kristo Buase erinnern an die Utopie des nahenden Reich Gottes, mit Namen wie "Paradies", "Himmel", die die Mönche für die fruchtbarsten Grundstücke ihres Anwesens gewählt haben. Klöster werden, wie viele andere christlichen Anlagen, aus Unwissenheit oder aus Kalkül auf alten Kultstätten errichtet, zuweilen werden diese von den Anhängern verschiedener Religionen komplementär genutzt.
In den meisten Fällen gibt die kirchliche Hierarchie den Anstoß zu einer Klostergründung, denn nur dort, wo es auch kontemplative Gemeinschaften gibt, wird eine katholische Gemeinde als vollständig und komplett geschätzt. Die ältesten Klöster in Westafrika wurden in den 1960iger Jahren von europäischen Frauen- und Männergemeinschaften errichtet. Ab den 1980iger Jahren afrikanisieren sich diese Gemeinschaften und gründen ihrerseits in anderen afrikanischen Ländern. Die Ordensleute sind Vorreiter der Diversifizierung von religiösen Strömungen, die wir derzeit beobachten. Trotz einer schnellen Afrikanisierung sind bis heute nur zwei der etwa fünfzig westafrikanischen Klöster von lokalen Priestern oder Seminaristen ins Leben gerufen worden. Die Zeit eines afrikanischen St. Benedikt - so einige unserer Gesprächspartner - ist noch nicht gekommen.
„Manchmal können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass es besser gewesen wäre, das afrikanische Mönchtum spontan entstehen zu lassen, darauf zu warten, dass ein afrikanischer heiliger Benedikt erscheint, anstatt das Mönchtum des Westens nach Afrika zu transportieren, das eine lange Reifungsarbeit benötigt, um wirklich afrikanisch zu werden.“ [1]
„Wichtig ist nicht die Ausführung dieser oder jener Aufgabe, auch nicht die intellektuelle Schulung, die die Meditation mit sich bringt, sondern der Widerhall von all dem auf das Innerste des Wesens.“ [2]
„Unser zurückgezogenes Leben ist keine Flucht, vielmehr ein Opfer. Wir gehören zum Herzen und zur Wurzel der Welt... nicht durch einen bestimmten Missionsdienst, sondern durch unsere Gebete. Unsere Gebete sind universell, sie berühren viele Menschen. Wir fühlen uns solidarisch mit der Welt und stehen mit ihr vor dem Schöpfer, um zu danken und Fürbitte zu halten. Hier, vor Ort, unterstützen wir ganz konkret diejenigen, die neben uns leben.“ [3]
Die bekannten Fresken des Klosters Keur Moussa von Georges Saget wurden als Ausdruck des Muts zur Neuerung und als Vorboten künftiger Brüche im Bereich der sakralen Kunst interpretiert.
Die Kombination von analytischen und grafischen Darstellungsformen stützt sich auf gemeinsame Feldforschungen, Archivstudien, individuelle Reflexion und Momente kollektiven Experimentierens. Diese Arbeitsweise zielt darauf ab, dokumentarische Genauigkeit mit der Freiheit künstlerischer Fotografie zu verbinden. Die Collagen bestehen aus Fotografien von Nyaba Ouédraogo und Archivbildern der Klostergemeinschaften von St André Notre-Dame de la Plaine und Très Saint-Sauveur in Oberbronn (Frankreich), Kristo Buase und Sainte Therese de l’Enfant Jésus de la Sainte Face in Tamale (Ghana), Keur Moussa und Keur Guilaye (Senegal), Notre-Dame du Perpétuel Secours in Diabo, der Zisterzienserinnen Bernardines d’Esquermes in Bafor und Jésus-Sauveur in Honda (Burkina Faso).
Wir danken der DFG für die Förderung dieses Forschungsprojekts in dessen Rahmen die Collagen entstanden sind.
Katrin Langewiesche Langewie@uni-mainz.de
Nyaba Ouédraogo ouedraogo400@yahoo.fr