Egal, ob bei der Arbeit, wenn wir Nachrichten lesen und hören oder wenn wir durch die Strassen laufen, ständig sind wir mit dem Buzzword unserer Zeit, der Transparenz, konfrontiert. Es ist kaum mehr möglich, ihr zu entkommen. Dabei ist Transparenz schon fast zum Kampfbegriff geworden, an dem sich eine Diskussion zwischen zwei Standpunkten aufspannt: Wer sich verhüllt, hat etwas zu verbergen? Oder hat derjenige etwas zu verbergen, der die totale Transparenz fordert?
Man kann die Frage auch anders formulieren: Ist der Trend zu mehr Transparenz eine neue Art der Tarnung, eine Camouflage?
In der Architektur kann man beobachten, dass öffentliche Bauten immer transparenter werden. Nicht nur hinsichtlich des Einsatzes von Glas, sondern auch, indem Gebäude für das Individuum immer zugänglicher, begehbarer und erfahrbarer werden.
Automobilfirmen bspw. bauten Anfang des 21. Jahrtausends sogenannte Imagebauten. Die Gebäude von Audi, BMW, Daimler, Porsche oder VW versuchen ein architektonisches Pendant zum in den Wirtschaftswissenschaften formulierten Begriff der „Corporate Transparency“ zu sein. Klar, sie verwenden Glas, aber darüberhinaus versuchen sie in den Bauten durch Gastronomie, Events, Werkführungen und dem Abholen der Autos, den Kunden noch stärker an sich zu binden, selbst noch offener und greifbarer zu werden. Der Kunde darf physisch immer mehr in das Unternehmen eindringen, soll sogar dort verweilen.
Gleichzeitig kann man in den Bauten erkennen, dass trotz der Nähe und Offenheit, Grenzen gezogen werden. Dann, wenn der Kunde zum Kern des Unternehmens vorgestoßen ist, wird er wieder in seine Schranken verwiesen. Das Unternehmen muss dies tun, ohne Rückzug und Vertraulichkeit, kann ein Unternehmen nicht agieren, vor allem in der Automobilbranche.
Wo verlaufen, die Grenzen in den „transparenten“ Gebäuden der Automobilindustrie? Ist die Architektur gewordene „Corporate Transparency“ nur eine Fassade, die sich ein paar Meter verschoben hat, eine Täuschung von Wirklichkeit oder bewusste Irreführung?