Globalgeschichte, Verflechtungsgeschichte oder transnationale Geschichte sind geschichtstheoretische Schlagworte, die einem gegenwärtig bei der Beschäftigung mit Geschichte immer wieder begegnen. Und nicht nur das - wer von ihnen spricht, erhebt bisweilen den Anspruch, Geschichte als solche zu betreiben. Wo passt aber angesichts dieser begrifflichen Konjunktur ein weiterer geschichtswissenschaftlicher und historiographischer Ansatz hin, der als Internationale Geschichte bezeichnet wird? Eine Antwort darauf verspricht der neue Band der Historiker Prof. Dr. Fabian Klose und Dr. Arvid Schors von der Universität zu Köln. Die leitende Frage: Wie schreibt man Internationale Geschichte? Diese und einige Fragen mehr haben wir wiederum den beiden Herausgebern des Bandes gestellt.
"Keine Anleitung zu Schreib- und Erzählverfahren oder zur sprachlichen Darstellung"
L.I.S.A.: Herr Professor Klose, Herr Dr. Schors, Sie haben jüngst gemeinsam einen Band mit dem programmatischen Titel „Wie schreibt man Internationale Geschichte?“ herausgegeben. Das klingt vielversprechend, fast sogar so, als dürften Leser und Leserinnen eine Antwort auf diese große Frage erwarten. Ist es Ziel Ihres Buchprojektes, darauf eine Antwort zu geben? Oder worauf kommt es Ihnen in diesem Band an?
Dr. Schors: Soviel vorweg: Wir geben in unserem Band keine praktischen Schreibtipps, wir liefern auch keine Anleitung zu Schreib- und Erzählverfahren oder zur sprachlichen Darstellung – so wichtig solche Hinweise auch grundsätzlich sind. Vielmehr wollten wir mit der Titelwahl darauf aufmerksam machen, dass Geschichte nicht einfach da ist wie ein reifer Apfel, der von Historikerinnen und Historikern gewissermaßen nur noch gepflückt werden muss. Aus Vergangenheit entsteht Geschichte erst durch einen Analyse- und Deutungsprozess, der aus der Gegenwart heraus stattfindet.
Prof. Klose: Vor diesem Hintergrund wollen wir für die Internationale Geschichte, die ja in jüngerer Zeit einen beachtlichen Bedeutungsgewinn erfahren hat, eine aktuelle Bestandsaufnahme vornehmen und darauf aufbauend einen Vorschlag machen, wie sich diese Teildisziplin aus unserer Sicht gut weiterentwickeln könnte. Würde man den explizit fragenden Charakter unseres Titels übersehen, könnte tatsächlich der Eindruck entstehen, wir wollten dabei einseitig eine normative Richtung vorgeben. Das ist aber ausdrücklich nicht unser Ziel. Stattdessen wollten wir Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der Internationalen Geschichte ausloten.