Für Studierende stellt sich Wissenschaftskommunikation noch immer eher als ein Wissenschaftsmonolog, denn als ein Wissenschaftsdialog dar. Bei der andauernden Rezeption meist gelungener aber nicht immer leicht verdaulicher Forschungs- und Lehrliteratur kann man es den Hochschülern nicht verübeln, wenn sich unter Ihnen ein Gefühl der wissenschaftlichen Passivität breit macht. Nachdem mit dem Slogan Wissenschaftskommunikation 2.0 die technischen Möglichkeit einer Partizipation am Wissenschaftsbetrieb durch neue Medien auf der horizontalen Ebene maßgeblich erweitert wurden, kommen die Einbindung der Studierenden und somit die Erweiterung auf der vertikalen Ebene nur schleppend voran.
Wissenschaftskommunikation 3.0
Ein Plädoyer für eine vertikale Erweiterung des Wissenschaftsdialogs auf Studierende
Blogs, Podcasts, Twitter-Walls und Facebook-Seiten sind in aller Munde. Unser Internet entwickelte sich unter dem Label Web 2.0 zum ‚Mitmach-Web‘ weiter. Mit diesem Entwicklungssprung erfuhr auch die Wissenschaftskommunikation eine fundamentale Veränderung: Wissenschaftskommunikation 2.0 ermöglicht es jedem, mit einfachen technischen Mitteln am Wissenschaftsdialog teilzuhaben. Wirklich jedem? Diese Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten! Denn es sind die Studierenden, welchen die Wissenschaftskommunikation auch jetzt noch nur die Rolle eines Beobachters zuerkennt. Aber was kann für eine wissenschaftliche Ausbildung eine beobachtende Rolle im Wissenschaftsprozess sein, wenn nicht nur eine ‚Trockenübung‘? Wie sollen Studierende einen wissenschaftlichen Kommunikationsprozess erlernen, wenn er für sie nur eine Einbahnstraße darstellt. Wie werden Studierende dazu gebracht, ihre in Seminararbeiten gepackten Forschungsergebnisse nicht ‚nur‘ mal mehr mal weniger liebevoll für ‚ihren‘ Dozenten zu schreiben?
An diesem Verständnis von Wissenschaftskommunikation 3.0 als einer vertikalen Erweiterung des Wissenschaftsdialogs auf Studierende, setzt »aventinus. Studentische Publikationsplattform Geschichte« an. Das unter http://www.aventinus-online.de verfügbare Portal ermöglicht es Studierenden, ihre während des Studiums erworbenen Forschungsergebnisse nach wissenschaftlichen Standards zu publizieren. Die Plattform, die am 29. Mai 2013 den dritten Jahrestag ihres Relaunches feierte, entstand aus dem namensgleichen Journal der Fachschaft Geschichte der LMU München. Mit der Bayerischen Staatsbibliothek als technischem Betreiber konnte ein im Elektronischen Publizieren erfahrener Partner gewonnen werden. Obwohl »aventinus« aufgrund seiner Genese sehr eng mit dem Historischen Seminar der LMU München zusammenarbeitet, ist sein Wirkungsradius nicht auf München beschränkt. Die internationale aufgestellte Redaktion zählt nunmehr 25 Mitglieder, wobei mittlerweile sogar eine Regionalredaktion Österreich eingerichtet werden konnte. Sämtliche Beiträge durchlaufen ein dreistufiges Begutachtungsverfahren und werden mit der Veröffentlichung in die Historische Bibliographie der Arbeitsgemeinschaft Historischer Forschungseinrichtungen eingetragen.
Der Trägerverein von »aventinus« sucht allerdings auch die wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung mit Studentischem Publizieren als neuer Form von Wissenschaftskommunikation. So sollen mit dem Ziel der Gründung eines „Instituts für Studentisches Publizieren“ sämtliche Akteure und Ressourcen dieses Feldes gebündelt werden, um sowohl eine wissenschaftstheoretische als auch eine wissenschaftspolitische Betätigung zu ermöglichen. Denkbare Aktionsfelder sind beispielsweise Tagungen, Workshops, Informationsdienste oder die Bildung eines interdisziplinären Kompetenzzentrums für Studentisches Publizieren. Die strukturellen Voraussetzungen, ein solches Institut als eine Einrichtung des Trägervereins von »aventinus« zu etablieren liegen bereits vor. Wegen der hierfür knapp bemessenen Ressourcen ist »aventinus« bei der Gründung des Instituts auf die Mithilfe weiterer Kooperationspartner angewiesen. Ihre gleichwertige Einbindung unter dem organisatorischen Dach des Vereins ist vorgesehen.
Weitere Informationen:
Hofmann, Andreas C.: Präsentation zum Vortrag „Studentisches Publizieren als neue Form von Wissenschaftskommunikation“. aventinus generalia Nr. 15 [²09.12.2010 / ¹18.07.2012], in: aventinus, URL: http://www.aventinus-online.de/index.php?id=3789
Hofmann, Andreas C.: Wissenschaftstheorie, Wissenschaftspolitik und die Gründung eines "Instituts für Studentisches Publizieren" – einige Überlegungen, in: L.I.S.A. Das Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung [21.01.2013], http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/content.php?nav_id=4142
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In der Tat gilt auch über die weiterbestehende "kommunikative Hierachie" zwischen Dozierenden und Studierenden hinaus, dass es in der digitalen Publikationskultur Diskrepanzen gibt. Ist es nicht so, dass wir daran arbeiten müssen, auch unsere Kollegenschaft mehr für das Kommentieren und eigene Publizieren auf Blogs, Foren und anderen Netzressourcen zu gewinnen? Jörg Friedrich hat das Bild vom „Blogger als Monarch“ und der „Aristokratie der Kommentatoren“ geprägt. (Jörg Friedrich: Kritik der vernetzten Vernunft. Philosophie für Netzbewohner. Hannover 2012, S. 92) Aber sind wir überhaupt schon dort angekommen?
Ich denke jedenfalls, dass Bestrebungen, Studierende von Anfang an in den wissenschaftlichen Diskurs einzubinden, absolut zu unterstützen sind. Studierende sollten so ermutigt und befähigt werden, sich in den Austausch über fachliche Themen früh einzubringen, um die Scheu davor zu verlieren, und um damit letztlich neben den fachlichen auch überfachliche und damit Kenntnisse für ein späteres Berufsleben (ob inner- oder außerhalb der Academia) zu erwerben. Meiner Meinung eignen sich dafür besonders solche Themen, die noch nicht besonders gut erforscht sind. Mich würden auch studentische Rezensionen zu Fachpublikationen interessieren, weil dies deutlich zeigen könnte, ob diese verständlich genug geschrieben sind und wie gut die Inhalte vermittelt werden.
Ihre Initiative ist wirklich bewundernswert und ich wünsche Ihnen, dass Sie damit Erfolg haben!