Normalerweise befragen wir bei einer Publikation, die uns thematisch interessiert, die Autoren nach ihren Thesen. In diesem Fall wären es die Organisationstheoretiker Prof. Dr. Carl Cederström und Prof. Dr. André Spicer gewesen, die bereits 2015 in englischer Originalsprache das Buch The Wellness Syndrome vorgelegt haben. Ein Jahr später ist es in einem kleineren Verlag auch in deutscher Sprache erschienen. Wir haben einen Perspektivwechsel vorgenommen und fragen dieses Mal den Verleger der deutschsprachigen Ausgabe, was ihn dazu bewogen hat, dieses Buch übersetzen zu lassen und anschließend in sein Programm aufzunehmen. Welche Kriterien waren für Klaus Bittermann entscheidend, das Wellness-Syndrom zu verlegen?
"Es kommt mir vor allem auf Intelligenz, Originalität und Stil an"
L.I.S.A.: Herr Bittermann, in Ihrem Verlag „edition Tiamat“ ist zuletzt das Buch „Das Wellness-Syndrom. Die Glücksdoktrin und der perfekte Mensch“ der Organisationstheoretiker Carl Cederström und Alain Spícer in der deutschen Übersetzung erschienen. Können Sie uns in wenigen Sätzen sagen, um was es in diesem Buch geht?
Bittermann: Es geht den Autoren darum zu zeigen, wie Wellness zur Ideologie geworden ist, zu einem Diktat, das den Menschen vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben, um Erfolg im Leben und im Beruf zu haben, während Menschen, die sich nicht um ihren Körper kümmern, stigmatisiert werden. Der Körper wird zum Kapital, er muss ständig optimiert und trainiert werden, um den Anforderungen des Neoliberalismus gerecht zu werden. Die Wellness unter diesen Vorzeichen ist die genaue Entsprechung der Ideologie für Menschen, von denen der Arbeitsmarkt Flexibilität und Anpassung fordert und die in prekären Verhältnissen leben.
L.I.S.A.: Wie gehen Sie als Verlagsleiter vor, wenn Sie sich grundsätzlich überlegen, ein Buch zu verlegen? Welche Kriterien sind dabei für Sie entscheidend?
Bittermann: Das entscheidende Kriterium für mich, ein Buch zu verlegen, ist nicht eine bestimmte Thematik. Egal, um was es geht, und egal ob Sachbuch, Roman, Reportage, Essay oder Feuilleton, es kommt mir vor allem auf Intelligenz, Originalität und Stil an. Wenn ein Autor Argumente vorträgt, die man schon tausend mal gehört hat, dann interessiert es mich nicht. Es muss ein Moment der Überraschung und des Ungewöhnlichen zu sehen sein. Und das Buch muss elegant und witzig geschrieben sein.
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