Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstand mit den Warenhäusern eine ganz neue Einkaufskultur, die einen ersten Höhepunkt um die Jahrhundertwende erreichte. Begehrenswerte, und aufgrund der Massenproduktion deutlich preiswertere Waren wurden nun nicht mehr hinter Ladentheken unerreichbar für die Kundinnen und Kunden aufbewahrt, sondern rückten prächtig und dekorativ in greifbare Nähe. Dies weckte in manchen Fällen mehr Wünsche, als das Haushaltsgeld im Geldbeutel zuließ. Der Kaufhausdiebstahl entwickelte sich zu einem neuen Phänomen, dass die Gesellschaft ins Grübeln brachte. Denn die meist weiblichen ‚Diebinnen‘ traten in zahlreichen Gestalten in Erscheinung. So entwendeten längst nicht die Bedürftigen der Unterschichten die ausliegenden Waren, sondern in den meisten Fällen wohlsituierte bürgerliche Hausfrauen und manchmal gar Frauen von hochrangigen Beamten. Zwischen Psychologie, Medizin, Kriminalistik und Justiz begann nun ein Disput, ob diese neue Form von meist weiblicher Kriminalität eher als Krankheit oder als Devianz zu behandeln sei.
Der Warenhausdiebstahl. Die neue Einkaufskultur und ihre Folgen
True Crime History & More mit Anne Purschwitz. Eine Podcastreihe des Historischen Datenzentrums Sachsen-Anhalt
Der Warenhausdiebstahl. Die neue Einkaufskultur und ihre Folgen
Anne Purschwitz und Katrin Moeller
© Anne Purschwitz und Katrin Moeller
True Crime History & More. Eine Podcastreihe des Historischen Datenzentrums Sachsen-Anhalt
Mit der „Langen Nacht der Wissenschaften“ 2022 fing alles an. Zu diesem Event entstand, angeregt von modernen Vorbildern, das Konzept der jetzt vorliegenden Podcastreihe „True Crime History & More“. In Form von Livemitschnitten oder auch als Ergebnis studentischer Arbeiten in Seminaren stellen die Autorinnen und Autoren dieser Serie spannende und merkwürdige Biografien und Kriminalfälle, ihre zeitgenössische und historische Bewertung vor. Die zugrundeliegenden Quellen der Kriminalitätsgeschichte haben den großen Vorteil, dicht und reich über das Leben der historischen Menschen zu berichten und verraten neben der Rekonstruktion einzelner Delikte viele Details des alltäglichen Miteinanders. Ausgewählt haben wir Fälle von der Frühen Neuzeit bis in die DDR-Geschichte, die auch in ihrer Zeit zu Diskussionen führten. Die Debatten rankten sich um ganz verschiedene Details. Zum Teil ging es um außergewöhnliche Fälle, zum Teil waren die Ermittler und Richter aber auch vor besondere rechtliche oder ermittlungstechnische Hürden gestellt. In anderen Fällen wiederrum wurde um die Rechtmäßigkeit von Indizien, Verfahrenswegen oder um ethische Herausforderungen von Kriminalfällen gerungen, galt es schwierige juristische Auseinandersetzungen zu führen. Alle Fälle besitzen bisher einen Bezug zur Landesgeschichte Sachsen-Anhalt und führen geradewegs nach Mitteldeutschland. Wir möchten damit die Themen der Landesgeschichte Sachsen-Anhalts bereichern und im besten Sinne Public History betreiben, die zugleich unterhalten und aufklären soll. Organisiert und konzipiert wird die Reihe von Dr. Katrin Moeller und Dr. Anne Purschwitz, unterstützt vom Verein für Stadtgeschichte, der Historischen Kommission Sachsen-Anhalt und dem Institut für Landesgeschichte.