Jede Generation liest die Klassiker aus Literatur und Wissenschaft neu. Sigmund Freud gehört zum Genre "Klassiker" - für die einen aus literarischer, für andere aus wissenschaftlicher Perspektive. Der Historiker und Soziologe Dr. Andreas Mayer vom Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Paris hat den berühmten Psychoanalytiker vor allem aus kulturhistorischer und wissenschaftsgeschichtlicher Sicht gelesen und daraus eine aktuelle Lesart von Freuds zentralen Werken verfasst. Wir haben ihm zu seinem Buch unsere Fragen gestellt.
"Ein stark reduziertes Format zur Erhellung dieses Werks in seiner Besonderheit"
L.I.S.A.: Herr Dr. Mayer, Sie haben einen Band über Sigmund Freud geschrieben. Es handelt sich dabei um eine Einführung in das Leben und Werk des berühmten Psychoanalytikers. Es ist nicht das erste Buch über Freud – ganz im Gegenteil: Kaum eine Person ist so stark rezipiert worden wie Freud. Warum nun eine neue Einführung? Was hat Sie dazu bewogen? Was unterscheidet sie von anderen?
Dr. Mayer: Es gibt in der Tat zahlreiche von einführenden Darstellungen in das Werk Freuds. Dabei überwiegen theorieorientierte Herangehensweisen, die den historischen Kontext weitgehend oder ganz ausblenden. Was mich interessiert hat, war zu sehen, bis zu welchem Grad auf einem stark reduzierten Format ein wissenschafts- und kulturhistorischer Ansatz zur Erhellung dieses Werks in seiner Besonderheit beitragen kann. Ob dies gelungen ist, werden allerdings nur die Leserinnen und Leser des Buches sagen können.