Sie sind gerade fertig geworden - mit Ihrer Promotion. Die Archäologin Birte Ruhardt und der Historiker Björn Schmidt haben im Frühjahr ihre Dissertation abgegeben und ihre Defensio jeweils erfolgreich abgelegt. Birte Ruhardt hat zur Grabarchitektur im hellenistischen Apulien geforscht und Björn Schmidt zur Darstellung von chinesischen Immigranten im US-amerikanischen Film der Zwischenkriegszeit. Wir wollten von Ihnen wissen, wie sie auf ihre Promotionsphase zurückblicken und haben ihnen dazu unsere Fragen gestellt.
"Es hat etwas Befreiendes"
L.I.S.A.: Frau Ruhardt, Herr Schmidt, Sie sind beide frisch promoviert, haben erst vor wenigen Wochen Ihre Dissertation erfolgreich verteidigt. Welche Gedanken beschäftigten Sie, als dieses Kapitel beendet war?
Ruhardt: So ganz kann ich die erfolgreiche Verteidigung noch nicht begreifen. Über Jahre habe ich mich so intensiv mit der eigenen Dissertation beschäftigt, sodass ein Abschluss noch gar nicht realisiert werden kann. Hinzu kommt, dass die Dissertation nun zunächst erst veröffentlicht werden muss, bis ich letztendlich den Titel auch führen darf. Daher sehe ich mich derzeit nach möglichen Verlagen, Publikationsmöglichkeiten und nach Druckkostenzuschüssen um. Dabei kommen Fragen auf, wie: Möchte ich digital publizieren oder doch noch ein gedrucktes Buch in den Händen halten? Welche Verlage kommen infrage und welche Möglichkeiten gibt es im Print-Bereich?
Eine große Erleichterung trat jedoch ein, als mir noch während der Abschlussphase ein Jobangebot gemacht wurde, was eine zusätzliche Motivation zur Abgabe der Arbeit war. Daher konnte ich mich direkt im Anschluss an die Promotion auf das neue Arbeitsumfeld und meine neuen Aufgaben konzentrieren. Somit entfiel die unsichere Zeit nach der Abgabe und die Phase der Jobsuche, wofür ich sehr dankbar bin.
Schmidt: Es hat definitiv ein paar Tage gedauert, wenn nicht sogar Wochen, bis ich verarbeitet habe, dass meine Promotionsphase nun vorbei ist. Gerade die Phase kurz vor der Abgabe war extrem anstrengend und belastend. Da habe ich gemerkt, dass ich nicht so schnell „runterfahren“ konnte wie ich mir das vorgestellt hatte. Nach der Verteidigung war es dann ein seltsames Gefühl, plötzlich zu realisieren, dass ich mich heute und auch in nächster Zeit eben nicht, wie die hunderte Tage davor, zum Schreiben an das immer gleiche Word-Dokument setze. Das hatte etwas Befreiendes.
Allerdings entsteht natürlich auch ein gewisses Loch, wenn ein derart großer Aspekt des Alltags der letzten Jahre plötzlich wegbricht. Zum ersten Mal seit langer Zeit habe ich das Gefühl, vor einer Weggabel zu stehen. Ob dem wirklich so ist, ist eine andere Frage, aber man muss sicherlich ein paar wichtige Entscheidungen treffen. Eine der zentralen Erkenntnisse der Promotionszeit ist für mich sicherlich eine etwas nüchternere Sicht auf die akademischen Karrierechancen als noch zu Beginn meiner Promotion. Die generelle Unsicherheit bezüglich der beruflichen Perspektiven hält eigentlich bis heute an.