L.I.S.A.: Herr Professor Beyer, die Berliner Gemäldegalerie muss ihren angestammten Ort aufgeben und macht Platz für Werke aus einer privaten Schenkung. Für eine Übergangszeit wandern die Altmeister ins Bode-Museum, bis sie ein neues Zuhause in einem Neubau finden werden – so der Plan. Klingt doch eigentlich ganz vernünftig, oder?
Prof. Beyer: Wenn das Vernunft sein soll, dann will ich mir die Unvernunft erst gar nicht vorstellen müssen. Für eine Übergangszeit soll ein Teil der Sammlungen (wohl nicht einmal die Hälfte) der Gemäldegalerie mit den Skulpturen-Beständen des Bode-Museums vermengt werden. Es ist der - wie ich finde: abwegige - Versuch einer Rekonstruktion der einstigen Präsentationsform des früheren Kaiser Friedrich-Museums. Was um 1904 durchaus spektakulär war und Schule gemacht hat, ist hundert Jahre später wenig zukunftsweisend. Längst hat man die Problematik sogenannter "period rooms" erkannt. Das eine wird da jeweils auf Kosten des anderen ausgestellt, der Gesamteindruck spiegelt nie dagewesene Zusammenhänge wider. Der Teil der Gemälde, der dort nicht untergebracht werden kann, wandert vermutlich in ein Depot. Er wird den Blicken der Kunstliebhaber und der Forscher entzogen. Und zwar auf unbestimmte Zeit - wer nämlich Planungs- und Bauarbeiten in der Hauptstadt kennt, der weiss, dass da alle Zeitpläne unrealistisch kalkuliert sind.
Der Bau der Gemäldegalerie - der, zugegebenermassen, immer wie ein Provisorium wirkte, trotz der stellenweise gelungenen Inszenierung - soll umgebaut werden, damit dort dann die Moderne aus der Neuen Nationalgalerie Platz findet. Dass die gediegen und etwas altbacken wirkende Innenarchitektur der jetzigen Gemäldegalerie sich problemlos für die in Format und Auftritt gänzlich verschiedene Moderne umbauen lässt, daran darf getrost gezweifelt werden. Ich sage Ihnen voraus, dass dort ein Neubau entstehen wird. Es reicht nämlich nicht, einfach die Eingangssituation zu verändern, der Niklas Maak treffend den Charme eines Kreiswehrersatzamtes irgendwo in der Provinz attestiert hat.
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Eine (möglichst) vollständige Dokumentation aller bislang erschienener Artikel bietet: http://warum-mittelalter.de/zur-entscheidung-des-bundestags-am-12-juni-2012/
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Schön wäre es, es wird aber ein frommer Wunsch bleiben. Der Berliner Stifter fühlt sich in seiner Rolle leider wohl. Ein Absatz aus einem Artikel bei faz.net spricht da leider für sich: "Für Heiner Pietzsch ist das keine Frage. Die Gegner des Projekts, sagt er, hätten „das alte griechische Prinzip nicht begriffen: Alles fließt.“ Um Berlin endgültig zur Kulturmetropole Deutschlands zu machen, müsse man eben Druck auf die Politik ausüben. „Wenn eine Zeitung schreibt, die Schenkung sei eine Erpressung, um das Museum des Zwanzigsten Jahrhunderts aufzubauen - damit kann ich leben.“ Was die Stiftung mit den Alten Meistern vorhabe, sei zwar schmerzlich: „Aber jede Geburt bringt Schmerzen.“ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/kunstsammler-pietzsch-wenn-es-schiefgeht-freuen-sich-meine-erben-11815133.html)
Da verliert man eher jede Hoffnung.