Staatlich finanzierte außeruniversitäre Forschungseinrichtungen übernehmen Aufgaben, die Universitäten in diesem Umfang und in dieser Form nicht erfüllen können und sollen. In den historisch arbeitenden Wissenschaften zählen dazu zunächst langfristig angelegte Quelleneditionen und forschungsbasierte Serviceleistungen, die nachhaltige Infrastrukturen und institutionelle Kontinuitäten – jenseits wissenschaftspolitischer Förderkonjunkturen und individueller Forschungsvorlieben – benötigen. Außeruniversitäre Forschungsinstitute formulieren zudem spezifische Forschungsperspektiven, um einer bestimmten wissenschaftlichen Problemkonstellation Rechnung zu tragen; diese leitet sich nicht aus den (immer stärker) kanonisierten Anforderungen universitärer Ausbildungscurricula ab. Ein kohärentes Forschungsprofil begründet vielmehr das „Alleinstellungsmerkmal“.
Diese raison d’être bestimmt die Forschungspraxis und die Strukturen außeruniversitärer Forschungsinstitute in zweierlei Hinsicht:
1.) Kohärenz und Zusammenarbeit: Die individuellen Forschungsfragen der dort arbeitenden Wissenschaftler beziehen sich auf das übergreifende Forschungsprofil der Institution. So gliedern sich beispielsweise Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft in verschiedene Programmbereiche, deren Fragestellungen organisch ineinandergreifen sollen, und deren Kosten und Leistungen in Programmbudgets zusammengefasst werden. Idealerweise ist daher die interne Zusammenarbeit in Projektgruppen und Forschungsbereichen relativ dicht.
2.) Sicherung und Nachnutzung: Die individuellen Forschungen der Wissenschaftler ordnen sich in einen langfristigen Entwicklungsprozess des jeweiligen Instituts ein. Programmbereiche werden fortentwickelt, Projekte lösen sich ab, Wissenschaftler beenden ihre Qualifizierungsarbeiten, andere schließen an ihre Arbeit an. Alle Forschungsergebnisse sind daher langfristig zu sichern (LZA) und für die interne (und externe) Nachnutzung aufzubereiten. Eine langfristige Quellenhaltung und -sicherung liegt nicht nur im Interesse der gesamten Scientific Communtiy, sondern im Interesse der Einrichtung selbst.
Virtuelle Forschungsumgebungen bieten Dienste und Werkzeuge, die Forschungsprozesse modellieren und optimieren können. Der Vortrag umreißt die Anforderungen an eine Virtuelle Forschungsumgebung, die sich aus den spezifischen Arbeitsbedingungen und Strukturen außeruniversitärer historischer Forschungsinstitute mit Programmbereichsstruktur ergeben. Diskutiert werden die Chancen und Dynamiken, die die Implementierung einer integrierten VRE freisetzen kann, aber auch die möglichen Probleme und Zielkonflikte in diesem Prozess.