Seit fast eineinhalb Jahren gibt es recensio.net, das als Open-Access-Plattform für Rezensionen geschichtswissenschaftlicher Neuerscheinungen einen zentralen Anlaufpunkt für „Alt und Jung“ bietet. Das ist natürlich etwas flapsig formuliert. Gemeint sind einerseits jene Geisteswissenschaftler, die als Stammleser der für ihren Fachbereich relevanten Zeitschrift bisher regelmäßig in die Bibliothek gingen und den neuesten Rezensionsteil studierten: Diese gibt es nun – an einem Ort gebündelt – online, denn recensio.net kooperiert mit einer wachsenden Zahl von Fachzeitschriften (derzeit rund 30 aus ganz Europa), unabhängig davon, ob diese online oder auf Papier erscheinen. Die Rezensionen, die die Zeitschriften auf recensio.net einspeisen, entsprechen unserer klassischen Vorstellung einer Buchbesprechung: Eine Redaktion wählt einen fachkundigen Rezensenten aus, der Inhalt, Methode und Stil einer Publikation beurteilt. Alle derzeit schon fast 6000 im Volltext verfügbaren Rezensionen sind vielfältig suchbar: Nach Zeitschrift, nach Schlagwort, nach einer Epoche, einem Thema oder geografischen Regionen. Download als PDF, Erinnerung per RSS, verfolgbar auf Facebook und Twitter.
Rezensierst du noch oder kommentierst du schon? Von Rezensionen, Kommentaren und den Chancen der wissenschaftlichen Buchbesprechung 2.0
recensio.net – Rezensionsplattform für die europäische Geschichtswissenschaft
Neben der „klassischen Rezension“ etabliert recensio.net eine zweite Form von Rezensionen: eine, die der Zukunft insofern vorgreift, als sie der Frage nachgeht, welche Instrumente Nachwuchswissenschaftler künftig brauchen werden – dann, wenn jene Generation heutiger Studierender wissenschaftliche Positionen besetzt, die wie selbstverständlich mit fluiden digitalen Kommunikationsmodi aufgewachsen ist. Wird diese Generation mit einer veränderten Art wissenschaftlichen Arbeitens auch nach veränderten wissenschaftlichen Textformen verlangen? Es liegt zumindest die Vermutung nahe, dass derjenige, der „partikular“ rezipiert (der, um beim Beispiel zu bleiben, nicht mehr den Rezensionsteil einer Zeitschrift um der Zeitschrift willen liest, sondern für seine Fragestellung gezielt Rezensionen recherchiert, möglicherweise direkt über den Bibliothekskatalog), auch partikular schreibt. Der Gedanke dahinter: Eine vollständige Rezension verlangt nach einem abgerundeten, zeitintensiv durchgearbeiteten Text, der eine Schrift in Gänze bewertet – schlussendlich aber nur die Perspektive eines Einzelnen liefert. In einer Zeit, die die Rolle des „Experten“ schrittweise neu definiert, in der die Bedeutung verteilten Expertenwissens, zunehmender Spezialisierung und gemeinschaftlichen Arbeitens sprunghaft steigt, ist davon auszugehen, dass die geisteswissenschaftliche Rezension eines der ersten Textgenres sein wird, das die Möglichkeiten der Netzkommunikation für sich nutzt und ihre Gestalt verändert.
Einen kurzen, qualifizierten Kommentar zu einem Spezialaspekt einer Neuerscheinung zu verfassen, könnte zusammen mit den Kommentaren anderer und im Austausch mit den Argumenten des Verfassers zu „lebendigen Rezensionen“ führen und für jene Interaktivität sorgen. Diese Dynamik fehlte im bisher eher behäbigen Rezensionsbetrieb, wo Repliken auf Rezensionen gar nicht existieren oder erst mit starker zeitlicher Verzögerung oder auf verschiedene Organe verteilt erscheinen. Zugleich würde ein solcher „fluider“ Rezensionsprozess jene Multiperspektivität spiegeln, die der Blick auf eine Neuerscheinung natürlicherweise erzeugt. Basis für Kommentare ist auf recensio.net die Präsentation einer Publikation durch ihren Autor. Die Präsentation steht in der Tradition der klassischen Selbstanzeige, ist aber erweitert um die skizzierte Web 2.0-Komponente, nämlich die Kommentarfunktion, die allen Nutzern offensteht. Wir als Redaktion sorgen dafür, dass eingehende Kommentare dem wissenschaftlichen Anspruch der Plattform entsprechen.
Was also tun? Präsentieren und kommentieren! Fühlen Sie sich herzlich eingeladen, die Kernthesen Ihre Aufsätze oder Monographien (mit geschichtswissenschaftlichem Schwerpunkt) knapp und pointiert formuliert auf recensio.net zu veröffentlichen. Weitere Informationen erhalten Sie über den PDF-Download am Ende dieses Beitrags. Sie haben neben der ohnehin gegebenen gemeinsamen Durchsuchbarkeit Ihrer Präsentation mit den 6000 Rezensionen der Plattform den Vorteil, dass Ihre Präsentation wie alle anderen Rezensionen im Laufe dieses Jahres im Bibliothekskatalog der Bayerischen Staatsbibliothek verlinkt werden, genauer gesagt direkt am Eintrag des rezensierten oder präsentierten Werks. Der Weg vom Buch zur Rezension zur Diskussion wird kürzer im Digitalen …
Und was bleibt noch zu tun? Stöbern Sie auf recensio.net in den vorhandenen Präsentationen und kommentieren Sie jene, die Ihren Interessenbereich berühren!
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