Bis zum Sommer 2022 gehen wir auf Spurensuche an den Grabtextilien aus dem Sarg des Trierer Bischofs Paulinus, der im Jahr 358 unter kaiserlicher Verbannung in der Region Zentralanatoliens verstarb und kurze Zeit später von seinen christlichen Anhängern in seine heutige Grabstätte, die Krypta von St. Paulin in Trier, überführt wurde.
Wir machen die Fliege…
Wer den Blog von Anfang an verfolgt, begleitet uns bereits seit neun Beiträgen über knapp zehn Monate auf unserer Reise. Unsere Berichterstattung über die Abläufe hinter den Kulissen endet jedoch vorerst mit diesem Beitrag. Wir freuen uns, dass viele Ergebnisse unserer Arbeit (und die vieler Anderer) vom 25. Juni bis zum 27. November im Rahmen der Trierer Landesausstellung “Der Untergang Roms“ präsentiert werden. An der Landesausstellung beteiligt sind das Rheinische Landesmuseum, das Stadtmuseum Simeonsstift und das Museum am Dom. In letzterem wird die Neuordnung der Welt mit dem Untergang des Römischen Reiches und dem Aufstieg des Christentums thematisiert - und damit auch die Geschichte des Heiligen Paulinus und seiner Seiden.
Alle Analysen, Erkenntnisse und offenen Fragen, die sich im Laufe unserer Arbeit ergeben haben, fließen dort mit ein und werden ins große Ganze eingebettet. Auch ausgewählte Seidenfragmente, die sich im Laufe des Blogs entfalten durften, werden zu sehen sein. Wer diese „kleinen Meisterwerke“ also von Nahem betrachten und erleben möchte, sollte unbedingt vorbeischauen!
Dicht verwebte Zusammenarbeit
Weil in diesem Projekt so viele Menschen aus unterschiedlichen Fachrichtungen – auch länderübergreifend – zusammenarbeiten, stellen wir in diesem letzten Blogbeitrag stellvertretend fünf Personen aus verschiedenen Bereichen mit kleinen Interviews vor. Die Interdisziplinarität in diesem Projekt zeigt, wie viele Fragestellungen in Zusammenarbeit aufgedeckt und beantwortet werden können.
Wir haben die ExpertInnen gebeten die Begeisterung für ihren Beruf mit uns zu teilen und außerdem einige Fragen gestellt, die sich Paulinus vor ca. 1600 Jahren vielleicht auch stellen musste?
Wir begrüßen herzlich die Biologin Ursula Drewello, den forensischen Entomologen Dr. Jena Amendt, die Künstlerin und Historikerin für Geruch und Kulinarik Tasha Marks, den Zoologen und Entwickler Dr. Sebastian Schmelzle und die Historikerin Prof. Dr. Julia Hillner. Danke für die Beantwortung unserer Fragen, wir freuen uns über die ganz unterschiedlichen Einblicke!
Ursula Drewello (Biologin)
Ursula Drewello ist Geschäftsführerin des Labors Drewello und Weißmann in Bamberg. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Rainer Drewello und in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Universität Bamberg führt sie instrumentelle Untersuchungen und Mikroanalysen zu restaurierungs- und konservierungswissenschaftlichen Fragestellungen durch, die von zahlreiche Museen und Institutionen rund um Kunst- und Kulturgüterschutz bei ihr beauftragt werden. Dazu zählen unter anderem die Analysen von Schichtenaufbau, Ablagerung-, Alterungs- und Korrosionshorizonten, Bindemittel und Pigmente und Materialprüfungen. Sie ist an zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt und zusammen mit Rainer Drewello das absolut beste Dream-Team im Präparieren und „Verstehen“ selbst allerkleinster Proben. Beide sind Meister im Spurenlesen und Aufspüren von kleinen und großen Sensationen, wie zum Beispiel alter Harze, Klebstoffe und vieler anderer Substanzen.
Paulinis: Welches Ereignis hat Sie beruflich besonders geprägt, beeindruckt, oder zweifeln lassen?
Ursula Drewello: Ich glaube, ich kann es tatsächlich nicht auf ein Einzelerlebnis reduzieren: Deswegen ein für mich einprägsames Beispiel aus der Vergangenheit, in dem sich für mich der Wert der Dinge und Kunstwerke aus der Vergangenheit tatsächlich in der Querverbindung von privat zu beruflich grundsätzlich geändert hat: Wir hatten in den 1990er Jahren noch genau zwei historische Fenster in dem von uns erworbenen Anwesen, alle anderen waren in den 1970er Jahren ausgetauscht worden. Ich war zunächst dafür, alle Fenster gegen neue Holzfenster, die das Aussehen der alten Fenster aufnehmen sollten, auszutauschen (Ich muss dazu sagen, dass mich die Renovierung des Altbaus schon einige Nerven gekostet hatte, was dann gerne mal zum „Durchgreifen“ führt). Rainer war dagegen und wir einigten uns darauf, dass die beiden historischen Fenster bleiben dürfen. Nach der Maßnahme war ich sehr froh, dass die beiden Einzelstücke in der Fassade verblieben sind. Sie haben dem Haus seine Vergangenheit gelassen und ich war dann sogar sehr stolz darauf, diese Authentizität noch zeigen zu können. Seitdem stehen für mich die Erhaltung und die damit verbundene Authentizität von Objekten und Bauwerken an erster Stelle.
Paulinis: Bischof Paulinus wurde von Kaiser Constantius aufgrund seiner religiösen Überzeugung und der Verteidigung seines Glaubensbruders Athanasius nach Phrygien in Kleinasien verbannt.
Für welche Überzeugung stehen Sie so sehr ein, dass Sie sich notfalls auch verbannen lassen würden?
Ursula Drewello: Lapidar gesagt für Friede, Freiheit und Menschlichkeit. In einem friedvollen gemeinsamen Tun, das auch immer wieder Auseinandersetzungen erfordert, sind so viel mehr Synergismen möglich, die nicht vertan und nicht durch einzelne Aggressoren zerstört werden dürfen.
Paulinis: Welche drei Dinge würden Sie mit in die Verbannung nehmen?
Ursula Drewello: Was sind Dinge, wenn man mit diesen dann alleine in der Verbannung ist? Wenn ich nicht die mir nahestehenden Menschen mitnehmen könnte, dann zumindest Dinge, mit denen ich eine Verbindung zu Ihnen aufnehmen könnte: Telefon, Schreibsachen zum Briefe schreiben und für eigene Notizen, ein Tablet, das doch einiges ermöglicht, vorausgesetzt es ist ein Empfang möglich.
Paulinis: Die religiösen Auseinandersetzungen zur Zeit des Paulinus drehten sich um die Frage, ob Christus gottgleich oder nur gottähnlich sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ursula Drewello: Für mich besitzt diese Frage nicht die Relevanz, die sie damals hatte. Deswegen habe ich dazu tatsächlich keine Meinung.
Jens Amendt (Forensischer Entomologe)
Jens Amendt ist promovierter Biologe und seit 2001 an der Rechtsmedizin in Frankfurt, wo er habilitiert hat. Mithilfe von Insekten leistet er vor allem bei Mordfällen Detektivarbeit. Zurzeit ist er damit beschäftigt zu erforschen, welchen Einfluss verschiedene Liegebedingungen von leblosen Körpern auf Wachstum und Alterungsprozess nekrophager Fliegenarten haben. Anhand eines im Fall Paulinus in dessen Schädel gefundenen Fliegenpupariums machte er eine bahnbrechende Entdeckung! Was die kleine Fliege ihm über ihre Herkunft und ihr Alter verriet, wird ebenfalls in der Ausstellung im Museum am Dom zu sehen sein.
Paulinis: Welches Ereignis hat Sie beruflich besonders geprägt, beeindruckt, oder zweifeln lassen?
Jens Amendt: Na ja, der Kontakt mit in Verwesung befindlichen Leichen erlaubt einen schon ganz anderen Blick auf das Leben und Sterben eines Menschen, vor allem dann, wenn man an einem häuslichen Fund- oder Tatort ist. Hier ist das Leben in Form der persönlichen Einrichtung, der Bilder der Familie etc. noch sehr präsent, gleichzeitig liegt dann da ein verwesender toter Körper. Der Begriff der „sterblichen Hülle“ gewinnt da eine ganz neue Bedeutung – es wird einem klar, dass der Körper nur das „Vehikel“ ist für unsere Persönlichkeit, Seele, Charakter, wie immer wir das in uns drin nennen wollen. Es ist natürlich auch tieftraurig, denn diese Menschen, mit deren Leichen ich zu tun habe, sind oft gewaltsam zu Tode gekommen. Und sie werden ganz plötzlich aus einem sozialen Umfeld herausgerissen, lassen lebende Menschen, Angehörige, Freund zurück… Man macht sich gerade am Anfang Gedanken drüber, denn es sind sehr viele unterschiedliche Eindrücke, die auf einen einstürzen und beschäftigen.
Paulinis: Bischof Paulinus wurde von Kaiser Constantius aufgrund seiner religiösen Überzeugung und der Verteidigung seines Glaubensbruders Athanasius nach Phrygien in Kleinasien verbannt.
Für welche Überzeugung stehen Sie so sehr ein, dass Sie sich notfalls auch verbannen lassen würden?
Jens Amendt: Kommt auf die Art der Verbannung an. Muss ich nur umziehen? Darf ich arbeiten und auch faullenzen, Bücher lesen, ins Kino gehen, usw.? Wird dort meine Sprache gesprochen bzw. eine, die ich verstehe? Spricht da überhaupt jemand, bin ich also am Ende ganz alleine auf der berühmten einsamen Insel? Ist das mehr eine öde Einöde und permanent schlechtes Wetter, ist das so eine Art Gefängnis? Die Menschen, die im 3. Reich rechtzeitig ins Exil konnten, waren nicht immer alle froh, dass sie es geschafft haben. Sie hatten ihre Heimat und ihre Sprache verloren. Aber eine menschenfeindliche, rassistische, antisemitische Politik und im schlimmsten Fall Regierung, das sind Sachen, gegen die man sich engagieren muss; und Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, eine funktionierende Zivilgesellschaft: Dafür lohnt es, sich einzusetzen und gegebenenfalls die Konsequenzen zu tragen, also in die Verbannung zu gehen.
Paulinis: Welche drei Dinge würden Sie mit in die Verbannung nehmen?
Jens Amendt: Meine Familie, ist aber vielleicht egoistisch und gemein, die Familie hat eventuell andere Pläne. Dann halt: Eine Kiste mit Büchern und Musik, meine Joggingschuhe und eine Katze.
Paulinis: Die religiösen Auseinandersetzungen zur Zeit des Paulinus drehten sich um die Frage, ob Christus gottgleich oder nur gottähnlich sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Jens Amendt: So ein Quatsch. Mir ist es vollkommen egal, ob er gottgleich oder gottähnlich war/ist. Ich gehe erstmal überhaupt davon aus, dass es ihn gegeben hat und dass sein Leben aufregend und seine Botschaft inspirierend ist. Daran kann man sich, auch kritisch, abarbeiten – an seinen Ideen. Der Rest, auch, ob es überhaupt den EINEN Gott gibt (ich tendiere zum Agnostizismus), dem er ähnlich sein kann: ist nicht wichtig (für mich). Vielleicht bin ein zu kleines Licht für diese Frage.
Tasha Marks (Künstlerin und Historikerin für Geruch und Kulinarik)
Tasha Marks‘ Beruf oder besser gesagt Berufung ist gar nicht so leicht in ein paar Sätze zu packen. Sie studierte Kunstgeschichte und entwickelte eine Begeisterung für die Richtung der kulinarischen Geschichte. 2011 gründete sie AMV Curiosities macht unter anderem teils mit historischen Düften und kulinarischen Rekreationen den Museumsbesuch mit allen Sinnen erfahrbar. In der kommenden Ausstellung im Museum am Dom Trier finden sich einige ihrer Duftkreationen an verschiedenen Stationen wieder – insbesondere der Versuch, den Geruch des kostbarsten Farbstoffs der Welt zu rekonstruieren!
Paulinis: What event has had a particular impact on you or has made you particularly doubtful professionally?
Tasha Marks: My career to date has been fuelled by optimism rather than doubt, as I’ve always believed that it was better to make the most of opportunities as they arise, rather than worry about what might be. I’ve had many impactful moments in my career, starting with studying Art History at Sussex University, which is partnered with the V&A Museum in London. Every year one of the third-year courses is taught by a guest V&A curator, this changes every year depending on which curator is available. In my final year I signed up to the course not knowing what the topic would be, and it turned out to be food history, taught by the silverware curator Ann Eatwell. It changed everything I was into. It was my launch point into a world of sensory storytelling, food, and fragrance – and would never have happened if I hadn’t taken that chance.
Paulinis: The Late Antique Bishop Paulinus was banished to Phrygia in Asia Minor by Emperor Constantius because of his religious convictions and the defence of his brother in faith Athanasius.
What conviction do you stand for so strongly that you would accept to be banished if necessary?
Tasha Marks: Equality.
Paulinis: What three things would you take with you into exile?
Tasha Marks: Are you allowed to take people into exile with you? If so, I’m afraid my wife would have to come with me, and my dog, and a fully stocked Marks & Spencer.
Paulinis: The religious disputes of Paulinus’ time revolved around the question of whether Christ is divine (the same status like god) or merely god-like (son of god). What is your opinion on this?
Tasha Marks: I have no opinion on this. I was brought up Jewish, but in more of a cultural than spiritual way, so don’t feel like a can comment as I have no personal feelings on the matter, nor do I understand the different points of view enough to argue one way or another!
Sebastian Schmelzle (Zoologe und Start-Up Unternehmer)
Sebastian Schmelzle, studierte Biologie und Zoologie in Tübingen. Für seine Promotion beschäftigte er sich mit 3D-Bildverarbeitung und –auswertung. Während seiner Zeit als Postdoc entwickelte er zusammen mit Kollegen der TU und der Hochschule Darmstadt einen Makro-3D-Scanner, den „Darmstadt Insect Scanner DISC3D“. Er wurde für die Digitalisierung von Insekten entwickelt, eignet sich aber hervorragend für nahezu alle kleinen, komplexen Objekte. Die generierten 3D-Modelle können dann zur Visualisierung und digitalen Konservierung/Archivierung genutzt werden, sind aber durch das kalibrierte Aufnahmeverfahren auch für Forschungszwecke (z.B. Volumenmessungen) bestens geeignet. Diese Innovation führte zur Gründung der Firma Small World Vision GmbH i.G., einer baldigen Patentanmeldung und einem Highlight in der Landesausstellung.
Paulinis: Welches Ereignis hat Sie beruflich besonders geprägt, beeindruckt, oder zweifeln lassen?
Sebastian Schmelzle: Da gab es über die Jahre natürlich einiges. In jüngster Zeit aber hat mich die Teilnahme am Hessischen Gründerpreis am meisten geprägt, da es einem einerseits unglaublich viel Einsatz abverlangt hat, es andererseits aber auch unglaublich motivierend ist, wenn man für seine Arbeit und seine Idee ein so positives Feedback von der Jury erhält.
Paulinis: Bischof Paulinus wurde von Kaiser Constantius aufgrund seiner religiösen Überzeugung und der Verteidigung seines Glaubensbruders Athanasius nach Phrygien in Kleinasien verbannt.
Für welche Überzeugung stehen Sie so sehr ein, dass Sie sich notfalls auch verbannen lassen würden?
Sebastian Schmelzle: Gleichberechtigung, Gleichbehandlung und gegenseitiger Respekt unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Religionszugehörigkeit, etc..
Paulinis: Welche drei Dinge würden Sie mit in die Verbannung nehmen?
Sebastian Schmelzle: Da muss ich natürlich zuerst unseren Scanner DISC3D nennen… ;-) Als zweites würde ich wahrscheinlich meinen PC mit allen meinen Daten sowie Erinnerungen in Form von Fotos mitnehmen. Und als drittes meine Kamera.
Paulinis: Die religiösen Auseinandersetzungen zur Zeit des Paulinus drehten sich um die Frage, ob Christus gottgleich oder nur gottähnlich sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Sebastian Schmelzle: Dazu habe ich eigentlich keine Meinung.
Julia Hillner (Mittelalterhistorikerin)
Unsere Interviewreihe abschließen möchten wir mit einer Expertin für antike Netzwerke und Verbannung. Julia Hillner arbeitete von 2014-2017 an einem Forschungsprojekt zur Verbannung christlicher Kleriker im Mittelmeerraum während der religiösen Kontroversen der Spätantike und wie dies die Institution der christlichen Kirche prägte. In diesem Zuge ist eine Datenbank bzw. ein interaktives, digitales Netzwerk zu den betroffenen Personen, deren Erfahrungen, sozialen Beziehungen und vieles mehr entstanden. Derzeit arbeitet Julia Hillner an einem Buch über Helena, der Mutter Konstantin des Großen, und nimmt Interessierte in Ihrem Blog mit auf die Spurensuche. 2021 wechselte sie an die Universität Bonn, um neben anderen Wissenschaftlerinnen eine Professur für ein neues Forschungsprogramm zur Sklaverei- und Abhängigkeitsforschung anzutreten.
Paulinis: Welches Ereignis hat Sie beruflich besonders geprägt, beeindruckt, oder zweifeln lassen?
Julia Hillner: Da muss ich nicht lange nachdenken: das Ereignis, das mich beruflich am meisten geprägt hat, war mein Umzug nach Großbritannien im Jahre 2001, wo ich eine Stelle als Wissenschaftliche Assistentin an der University of Manchester antrat. Ich bin dann tatsächlich zwanzig Jahre in Großbritannien geblieben. Obwohl sich das keineswegs mit einer Verbannung vergleichen lässt – ich habe mich immer sehr willkommen gefühlt – haben mich die neuen Erfahrungen, die ich in einer fremden Umgebung machen durfte und musste, für die Wirkmächtigkeit des kulturellen Austauschs sensibilisiert. Auch die verbannten Bischöfe des vierten Jahrhunderts haben durch die Kontakte, die sie in der Verbannung pflegten, maßgeblich zu der Verbreitung von Ideen beigetragen, die die christliche Kirche noch heute prägen.
Paulinis: Bischof Paulinus wurde von Kaiser Constantius aufgrund seiner religiösen Überzeugung und der Verteidigung seines Glaubensbruders Athanasius nach Phrygien in Kleinasien verbannt.
Für welche Überzeugung stehen Sie so sehr ein, dass Sie sich notfalls auch verbannen lassen würden?
Julia Hillner: In der Spätantike wurde die Strafe der Verbannung unter anderem als Ersatz für die Todesstrafe angewandt. Es beeindruckt mich, dass schon in einer so frühen Epoche darüber diskutiert wurde, ob eine Rechtsmaßnahme, die einem Menschen das Leben nimmt, angemessen ist. Leider gibt es die Todesstrafe auch heute noch, auch in der westlichen Welt. Ihre Wiedereinführung dort, wo sie inzwischen abgeschafft wurde (eine nicht undenkbare Entwicklung), stünde meiner Überzeugung so entgegen, dass ich mich dafür auch verbannen lassen würde – obwohl es nach dieser Logik ja dann womöglich gar nicht dazu kommen würde.
Paulinis: Welche drei Dinge würden Sie mit in die Verbannung nehmen?
Julia Hillner: Auf Grund meiner Kenntnisse der verbannten Bischöfe ist es wichtig, sicher zu stellen, dass man mit anderen in Kontakt bleiben kann. Die Bischöfe hatten oft Personen dabei, wie z. B. niedrigere Kleriker, die als Boten zum Heimatort fungierten oder auch mit der lokalen Bevölkerung über Unterkunft und Verpflegung verhandelten. Bei Paulinus mag das ähnlich gewesen sein, denn in Trier wusste man ja anscheinend, wo er sich in der Verbannung aufgehalten hatte und verstorben war.
Ich gehe allerdings davon aus, dass es mir schwerer fallen würde, andere Personen davon zu überzeugen, mich in die Verbannung zu begleiten. Daher würde ich mitnehmen:
- Briefmarken des Zielortes.
- Meine Nähmaschine, damit ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen kann.
- Papier und Stift halte ich für sicherer als Handy und Laptop, denn man weiß ja nie, wie es mit der Stromversorgung aussehen wird.
Paulinis: Die religiösen Auseinandersetzungen zur Zeit des Paulinus drehten sich um die Frage, ob Christus gottgleich oder nur gottähnlich sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Julia Hillner: An den Auseinandersetzungen fasziniert mich, wie leidenschaftlich sie geführt wurden. Leider wissen wir über die Partei, die die These des Gott „im Wesen ähnlichen“ Christus vertrat, nur aus der Sicht der schlussendlich siegreichen „Nizäer“ Bescheid (bis dahin, dass wir eigentlich nicht wissen, ob man die Vertreter/innen dieser Ansicht wirklich als „Partei“ bezeichnen kann). Da diese These lange Zeit sehr erfolgreich war, hatten ihre Vertreter/innen vielleicht sogar die besseren theologischen Argumente, bis schließlich der Kaiser durchgriff. Aber das muss Spekulation bleiben.
Ein kleines Fazit und ein kleiner Wunsch
Welches Fazit ziehen wir aus dem Unterfangen einen RestauratorInnen-Blog ins Leben zu rufen? Er hat uns die Möglichkeit gegeben eine Facette unseres Berufs mit den damit verbundenen Aufgabenstellungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es galt die für uns so selbstverständlichen Themen informativ und gleichzeitig komprimiert wiederzugeben. Dadurch war ein kreativerer Zu- und Umgang mit sonst oft theoretischen Themen möglich. Gleichzeitig sollte ein Blog im Schreibstil freier und zugänglicher sein, als wir es aus dem Studium von wissenschaftlichen Arbeiten gewohnt sind. Diese Umstellung, sowie die Aufarbeitung der Themen waren dann auch wesentlich zeitintensiver, als wir erwartet und gehofft hatten. Neben dem Studium eine Blogreihe am Laufen zu halten, die unseren Vorstellungen entsprach, war bis zum Schluss eine Herausforderung, die nicht selten zu blanken Nerven führte. Eine unerwartete Schwierigkeit war für uns auch, dass wir bis heute nicht einschätzen können, wer uns überhaupt liest. Sind die Beiträge zu anspruchsvoll oder sogar das Gegenteil? Interessiert das, was wir hier berichten? Sind unsere LeserInnen aus einer Personengruppe oder bunt gemischt?
Wir stehen also auf der Bühne, ohne ein Publikum zu sehen oder zu hören. In diesem Beitrag sind verschiedene Disziplinen hinter den Kulissen hervorgetreten, mit denen wir gerade netzwerken.
Jetzt interessiert uns, welche Berufe die Menschen hinter den lesenden Augen ausüben. Gerne würden wir die Scheinwerfer ins Publikum richten und uns über einen ganz kurzen Kommentar mit Ihren/euren Tätigkeitsfeldern freuen – ganz egal zu welchem Zeitpunkt unser Blog entdeckt wird!
Zum Abschluss bedanken wir uns herzlich bei der Gerda Henkel Stiftung für die Förderung dieses Projekts und bei Judith Wonke für das Einstellen und Layouten all unserer Blogbeiträge!
Es war uns eine Freude,