Man kann nicht nicht kommunizieren, so das bekannte Diktum des Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick. Gemeint ist damit, dass gelungene Kommunikation nicht auf die Wahl der richtigen Worte reduziert werden kann, sondern dass wir vielfältige Modi einsetzen, wenn wir uns kommunikativ zueinander verhalten. Dazu gehört nicht zuletzt, sich über die eigene Form der Kommunikation bewusst zu sein und sich in die Erwartungen des Empfängers hineinzudenken. Gegenwärtig wird die Art, wie wir über- und miteinander sprechen, als besonders roh empfunden, eine Verrohung der Sprache als aktuelles Übel beklagt. Hassreden, Hetze und Beleidigungen aller Art bestimmten die Kommunikation, insbesondere in den Sozialen Medien. Eine allgemeine Diskurskrise wird demzufolge diagnostiziert. Und hier setzen die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Dr. Stefanie Molthagen-Schnöring und der Politkwissenschaftler Dr. Dietmar Molthagen mit ihrem Buch an. Ihre These: Der Diskurskrise kann nur mit mehr Dialog begegnet werden. Wie haben ihnen dazu unsere Fragen gestellt.
"Krisenwahrnehmung in Bezug auf den Dialog in Deutschland"
L.I.S.A.: Frau Prof. Dr. Molthagen-Schnöring, Herr Dr. Molthagen, Sie haben ein gemeinsames Buch veröffentlicht, das den Titel „Lasst uns reden!“ Wie Kommunikation in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gelingt trägt. Bevor wir zu einigen Details kommen, was hat Sie zum Verfassen dieses Buchs bewogen? Welche Beobachtungen gingen dem voraus?
Prof. Dr. Molthagen-Schnöring / Dr. Molthagen: Unser Buch nimmt seinen Ausgangspunkt bei einem Paradox, das wir beobachten: Einerseits gibt es seit einiger Zeit eine Krisenwahrnehmung in Bezug auf den Dialog in Deutschland. Zuletzt hat beispielsweise Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache zum wiederholten Mal dazu aufgerufen, die Deutschen sollten mehr und über Meinungsgrenzen hinweg miteinander reden. Auf der anderen Seite beobachten wir eine starke Bereitschaft zum Dialog – in verschiedenen Veranstaltungsformaten vom großangelegten Projekt „Deutschland spricht“ u.a. von der Süddeutschen Zeitung initiiert bis zu hin zu dem kleinen privaten Salon in unserem Berliner Wohnzimmer. Zudem wird in den sozialen Medien permanent kommuniziert und auch in den redaktionellen Medien so viel wie wohl noch nie über das miteinander Reden nachgedacht. Unser Buch analysiert einerseits dieses Paradox aus Diskurskrise und Dialogsehnsucht und leitet aus den Beobachtungen von stattfindenden Dialogen in Politik, Wirtschaft und Medien Praxistipps für ein gelingendes Gespräch ab.