Weihnachtszeit ist in zahlreichen Wohnzimmern nicht zuletzt auch Fernsehzeit. Und damit es auch beim Fernsehen gemütlich und häuslich bleibt, bemühen sich nicht nur die TV-Hersteller um ein wohnliches Design der Geräte, sondern eine ganze Branche entwirft seit der Vermarktung des Fernsehers in den 1950er Jahren Möbel und fernsehnahe Accessoires, um das "Fenster zur Welt" möglichst in die eigenen vier Wände einzupassen. Die Medien- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Monique Miggelbrink von der Universität Paderborn hat im Rahmen ihrer Dissertationsarbeit diesen Prozess der "Vermöbelung" des Fernsehgeräts vor allem nach geschlechts- und schichtspezifischen Gesichtspunkten erforscht und ist dabei zu interessanten Ergebnissen gekommen. Wir haben ihr unsere Fragen gestellt.
"Mich interessiert, wie sich Wohnungseinrichtung und Medien gegenseitig justieren"
L.I.S.A.: Frau Dr. Miggelbrink, Sie haben sich in Ihrer Dissertation mit Fernsehen und Wohnkultur in den 1950er und 1960er Jahren in der Bundesrepublik befasst, genauer: mit der Vermöbelung von Fernsehgeräten. Bevor wir zu einigen Einzelheiten kommen, wie kamen Sie zu diesem Thema? Welche Vorüberlegungen gingen dem voraus?
Dr. Miggelbrink: Das Thema ist im Rahmen des Forschungsprojekts „Medienmöbel“ entstanden, das Prof. Dr. Christina Bartz am Institut für Medienwissenschaften an der Universität Paderborn initiiert hatte. Mit dem Begriff Medienmöbel sind in erster Linie Einzelmedien angesprochen, die im häuslichen Umfeld situiert sind – wie man es als Bezeichnung etwa auch aus dem Ikea-Katalog kennt. Uns hat interessiert, wie sich Wohnungseinrichtung und Medien gegenseitig justieren und aneinander ausrichten. Zudem ging es darum, Medienmöbel in einem größeren Komplex zu begreifen, und diese im Umfeld bestimmter Diskurse zu betrachten, die Unterscheidungen wie öffentlich/privat und männlich/weiblich hervorbringen.
Das Medium Fernsehen erschien im Rahmen meines Dissertationsprojekts nun in zweierlei Hinsicht besonders geeignet zu sein, um einen eigenen Zugang zu Medienmöbeln zu entwickeln. Zum einen lässt sich eine Vielzahl an medienwissenschaftlichen Vorarbeiten ausmachen, die die Verhäuslichung des Mediums Fernsehen beschreiben und dabei auch seine Integration als Möbel in die Haushalte beobachten. Im deutschsprachigen Raum sind hier insbesondere solche Arbeiten zu nennen, die – im Anschluss an Baudrys Kino-Dispositiv – nach einem Dispositiv Fernsehen fragen, etwa von Knut Hickethier, Siegfried Zielinski und Thomas Steinmaurer. Im Umfeld der anglo-amerikanischen Cultural Studies sind ebenfalls zahlreiche fernsehwissenschaftliche Arbeiten entstanden, zu nennen sind hier insbesondere die Studien der Fernsehwissenschaftlerin Lynn Spigel, die sich mit der diskursiven Hervorbringung des Fernsehens und der Vororte in den USA der Nachkriegsjahre beschäftigt hat. Zum anderen ist die Materiallage zu Fernsehmöbeln in Archiven besonders günstig. Die sogenannten ‚Wirtschaftswunderjahre‘ sind im Hinblick auf Investitionen in das Zuhause gut dokumentiert, Formate wie Einrichtungs-, Design, Frauen- und Programmzeitschriften geben einen guten Einblick in ein kulturelles Imaginäres zum Wohnen mit Medien und entsprechende Kulturtechniken.
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