Aktuell werden feministische Theorien, Praktiken, Methoden und Geschichten nicht nur innerhalb der Kunst- und Kulturszenen wieder verstärkt diskutiert und grundlegend in ihren Gültigkeiten in Frage gestellt. Dabei zeigt sich vor dem Hintergrund eines (rechts)konservativen Backlashs auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene auf der einen Seite, sowie der Vielfalt aktueller feministischer Praktiken auf der anderen Seite, dass die Notwendigkeit feministischer Kritik nichts an Bedeutung verloren hat. Die Methoden dieser feministischen Kritik nehmen spätestens seit den 1970er Jahren systematisch auch akademische Fächer wie Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften in den Blick und fordern die bis dato etablierten Standards der Wissenschaftspraktiken nicht nur heraus, sondern brachten und bringen weiterhin neue hervor.
"Your Fictions Become History"
Feministische Debatten in der Kunstgeschichte
Die Ringvorlesung nimmt diese aktuellen Debatten zum Anlass, ein Angebot für Studierende sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs für die Auseinandersetzungen mit feministischen Diskursen und Methoden zu schaffen. Ziel ist es, gerade den vielschichtigen und teils antagonistischen Facetten des oftmals monolithisch repräsentierten „Feminismus“ Raum zu geben. Die inhaltliche und methodische Zusammensetzung der Beiträge ist daher explizit heterogen angelegt, um die Vielzahl von Perspektiven, die feministische Diskurse prägen, produktiv zu machen und kontroverse Diskussionen anzustoßen.
Dabei geht es auch darum, sichtbar zu machen, dass feministische Methoden sowie feministische Kritik über zeitliche und thematische Einhegungen hinweg strukturelle akademische Möglichkeiten des epochenübergreifenden und interdisziplinären Arbeitens bieten. Denn feministische Kunstgeschichtsschreibung bedeutet mehr, als über weibliche Künstler*innen zu schreiben: die Vorlesungsreihe will konkrete Strategien und Entwürfe feministischer Wissensproduktion aufzeigen und erproben sowie dabei die (Kunst-)Geschichtsschreibung selbst kritisch beleuchten. Zu fragen ist also: Wie genau materialisieren sich diese vielfältigen feministischen Ansätze in künstlerischen, akademischen wie aktivistischen Praktiken? Welche Geschichten und Narrative werden heute für feministische Handlungsweisen (re)aktiviert? Und wie kann auf dieser Grundlage feministische Kunstgeschichte heute eigentlich aussehen?
Immer donnerstags, 18-20 Uhr, Universität Hamburg, ESA 1, Hörsaal C
17.10. Franca Buss, Nina Lucia Groß, Magdalena Grüner, Isabelle Lindermann, Lisa Thumm: Einführung
24.10. Gaby Zipfel: Venus und Mars zum Beispiel. Bemerkungen zu gegenderten Rastern des Krieges
07.11. Kathrin Rottmann: Finish Fetish und Feminismus. Judi Chicago in L.A.
14.11. Franca Buss: Alles Schlampen außer Mutter Natur? Geschlechterverhältnisse und Naturdiskurse in der Hypnerotomachia Poliphili (1499)
21.11. Inga Dreesen, Maria Otto: Hexe! Sex, Macht und Kapital bei Silvia Federici
28.11. Isabelle Lindermann: Organize Your Own. Feministische Kritik und kollektive Ausstellungspraktiken in den 1970er Jahren
05.12. Hengameh Yaghobifaarah (Hörsaal H): Ich war auf der Fusion, und alles, was ich bekam, war ein blutiges Herz. Lesung & Gespräch mit Insa Olshausen
12.12. Lisa Thumm: Von Frauen und anderen „Mängelwesen“. Eine feministische Lektüre mittelalterlicher Sündenfalldarstellungen
19.12. Nina Lucia Groß: Planned Sisterhood. Julia Morgan als Architektin des emanzipierten Bauens und Wohnens
09.01. Magdalena Grüner: „The Hysterical Herstory of Hysteria“ oder: ein Plädoyer für feministische Wissenschaftskritik
16.01. Wiebke Schwarzhans: Kleptomanie und Aneignung. Feministische Perspektiven auf künstlerische Appropriationsstrategien
30.01. Rebecca Brückmann: Von Blackface zu #BlackLivesMatter. Afroamerikanische Geschichte und Film