Anthony Grafton, Henry Putnam University Professor in Princeton, gehört zu den ganz großen klassischen Philologen und Historikern weltweit. Sein Spezialgebiet reicht vom Humanismus bis zur Aufklärung, jene Zeit, als Bibel und Antike Leitmodelle waren, die Welt zu erschließen und zu verstehen, als der klassische Philologe der Meister dieser Kunst war. „Bring Out Your Dead“ (so der Titel einer Aufsatzsammlung aus dem Jahr 2001) lautet die Devise seiner historischen Rekonstruktionen. Graftons Meisterstück ist die unübertroffen präzise Studie über Leben und Werk Joseph Scaligers (Joseph Scaliger: A Study in the History of Classical Scholarhip, 2 Bde., Oxford 1983, 1993), zu seiner Zeit der unbestrittene Fürst klassischer Philologie, zugleich Begründer der modernen historischen Chronologie. Grafton schaut nicht nur auf die Ideen und Methoden seiner Protagonisten. Sein besonderes Interesse gilt den Strukturen und Praktiken, die Ideen hervorbrachten, ihnen den Weg bereiteten. In seinen unnachahmlich kunstvollen Essays werden zum Beispiel „Humanists with Inky Fingers“ (2011) lebendig, können wir zuschauen, wie sie gelebt und gearbeitet haben.
Vortrag und Workshop mit Prof. Dr. Anthony Grafton in Halle (Saale) | 20.-21. Juni 2017
20. Juni 2017 | 18 Uhr c.t. | IZEA, Bibliothekssaal
»The Polyhistor in the Atlantic World: How Humanistic reading practices came to the American Colonies« | Abendvortrag von Prof. Dr. Anthony Grafton (Princeton)
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21. Juni 2017 | 9.30–13 Uhr s.t. | IZEA, Thomasius-Zimmer
Von der Altertumswissenschaft zur Kulturgeschichte
Workshop mit Prof. Dr. Elisabeth Décultot (Halle), Prof. Dr. Anthony Grafton (Princeton) und Prof. Dr. Suzanne Marchand (Baton Rouge)
Altertumswissenschaft ist ein Wissenschaftsunternehmen, das im 19. Jahrhundert die Beschäftigung mit antiken Kulturen regierte, ein Produkt insbesondere des deutschen Universitätswesens. Noch heute heißt es - zumindest in der Außenwahrnehmung - ehrfurchtsvoll: „During the 19th century, Germans evolved the concept of Altertumswissenschaft („science of antiquity“) to emphasize the unity of the various disciplines of which the study of the ancient world consists“ (Encyclopedia Britannica). Wie entstand dieses Unternehmen einer „ganzen“ Antike, in das vielfältige Fachgebiete (u.a. Archäologie, Philologie, Geschichte, Kunstgeschichte) unter ein gemeinsames Dach zusammengeschlossen wurden? Was für eine „Wissenschaft“ betrieb diese Altertumswissenschaft? Welche Rolle spielte dabei die Geschichtswissenschaft? Wie veränderte sich die Wissenschaft, als sie im 20. Jahrhundert unter die Herrschaft der neuen Zauberformel „Kultur“ geriet?
International ausgewiesene Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen, Anthony Grafton, Suzanne Marchand und Elisabeth Décultot, stellen sich diesen Fragen in einem Workshop. Damit ihre Expertise sich weitgehend im Gespräch entfalten kann, werden allen Teilnehmern vorab einschlägige Texte zur Verfügung gestellt, die die Experten während der Veranstaltung in knappen Impulsreferaten zusammenfassen. Einen Beitrag steuert auch Glenn Most (Pisa/Chicago) bei, der am Workshop selbst nicht teilnehmen kann.
Melden Sie Ihren Teilnahmewunsch bitte bis zum 12. Juni 2017 an: aleksandra.ambrozy@izea.uni-halle.de.
Veranstaltungsort: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Interdisziplinäres Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA), Franckeplatz 1, Haus 54, 06110 Halle
Organisation: Alexander von Humboldt-Professur für neuzeitliche Schriftkultur und europäischen Wissenstransfer (Prof. Dr. Elisabeth Décultot und Prof. Dr. Helmut Zedelmaier)