Mit Archiven verbindet man in der Regel Kellerräume, verstaubte Kartons und vergilbtes Papier. Mit den soziale Netzwerken und digitalen Informationsdiensten, wie beispielswiese Facebook, Google+ und Twitter, hat sich ein neues Fenster für den öffentlichen Zugriff auf Archivalien aller Art geöffnet - mit dem Effekt, dass immer mehr Archive in den sozialen Medien präsent sind. So wie auch das Landesarchiv NRW, das seit gut vier Monaten bei Facebook vertreten ist. Wir wollten von Dr. Bastian Gillner, Archivrat des Landesarchivs, warum und mit welcher Strategie.
"Tagtäglich millionenfach Bilder und Texte im Internet"
L.I.S.A.: Herr Dr. Gillner, das Landesarchiv NRW beteiligt sich seit einiger Zeit auch an Sozialen Medien, wie beispielsweise Facebook. Was hat das Landesarchiv bewogen, dort präsent zu sein? Ist es auch in anderen Netzwerke aktiv, beispielsweise bei Google+ oder Twitter?
Dr. Gillner: Die Nutzung von sozialen Medien ist für einen wachsenden Teil der Bevölkerung alltägliche Normalität. Auch Einrichtungen aus dem Kultur- und Wissenschaftsbereich entdecken zunehmend die Möglichkeit, ihre Interessenten über soziale Medien bequem und direkt anzusprechen. Das Landesarchiv möchte mit seiner Präsenz auf Facebook dieser veränderten Mediennutzung gerecht werden. Wir wollen unseren Nutzern aktuelle und interessante Meldungen aus dem Landesarchiv mitteilen und ihnen die Möglichkeit geben, diese Inhalte zu kommentieren, mit anderen Nutzern zu diskutieren und schließlich auch weiter zu verbreiten. Es ist schwer vermittelbar, warum tagtäglich millionenfach Bilder und Texte im Internet geteilt werden, warum zu zahllosen Spezialinteressen entsprechende Chats, Foren oder Wikis bestehen, die Archive aber ihre immense Menge an historischen Inhalten nicht in diese Strukturen einbringen. Das unschöne Klischeebild vom Archivar als menschenscheuem Sonderling im verstaubten Keller droht durch die virtuelle Hintertür wieder aufzutauchen, wenn sich die Archive dieser Entwicklung verschließen. Der Facebook-Auftritt des Landesarchivs ist ein Versuch, die archivische Arbeit mit den neuen Informations-, Interaktions- und Kommunikationsstrukturen zu verbinden. Auch unser eigener Channel auf Youtube dient diesem Ziel. Andere Elemente wie Google+ oder Twitter haben wir in der gegenwärtigen Testphase noch nicht genutzt. Eine Zukunftsvision wäre, nicht nur die bekannten allgemeinen Plattformen zu bespielen, sondern die Funktionalitäten der sozialen Medien, also etwa Austausch, Interaktion oder Kollaboration, in spezifische archivische Angebote zu übersetzen, beispielsweise durch die Möglichkeit, die Nutzer an der Transkription oder Verschlagwortung zu beteiligen.
Grafik: Dr. Gillner