In das Zentrum seines Vortrags rückt Christian Kravagna, Professor für Postcolonial Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien, den Begriff der Transmoderne und das Motiv des Kontakts. Unter Bezugnahme auf das Konzept der Transversalität und die dekolonialen Entwürfe eines Gegendiskurses zur westlichen Moderne des argentinisch-mexikanischen Philosophen Enrique Dussel markiert der Begriff der Transmoderne eine Absage an eine eurozentrische Kunstgeschichtsschreibung. Erst die Konzentration auf das Motiv des Kontakts, der die vielfachen transkulturellen Austauschmomente und Wechselbeziehungen bezeichnet, und die Untersuchung dieses vielgestaltigen Kontakts vermöge, dies Kravagnas Grundtenor, die in der Global Art History eingeschriebenen dichotomen Strukturen aufzulösen.
Ringvorlesung "Global Art History"
Die Globalisierung hat Kunst/Kunstwissenschaft/Kunstgeschichte erfasst. Viel wird gesprochen und geschrieben von Global Art, Global Art History und globalem Kunstmarkt – mal affirmativ, mal mit dem Gestus der Proklamation, mitunter in kritischer Distanz. Mag auch die Rede von globaler Kunst/Kunstwissenschaft/Kunstgeschichte ‚state of the art‘ sein, so sind damit weder die erschließende Kraft dieser Begriffskonstrukte noch ihr theoretisches Fundament und am allerwenigsten ihre methodischen Auswirkungen geklärt.
Globalisierung kennzeichnet in der Regel weltumspannende ökonomische Prozesse. Dass diese – gewissermaßen als Nebenprodukt – weit darüber hinausgehende inter- und transkulturelle Phänomene zeitigen, lässt sich kaum bezweifeln. Ist aber allein deshalb schon die Kunstwelt global? Oder sollte man besser davon sprechen, dass in diesen Phänomenen, nicht zuletzt in der zeitgenössischen Kunst, das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘ auf neue Weise zur Disposition stehen?
Was bedeutet es für die kunstwissenschaftliche Auseinandersetzung, wenn der Transfer von Gegenwartskunst geographische und kulturelle Grenzen (scheinbar mühelos) überwindet? Und wie stellt sich die Kunstgeschichtsschreibung ihrer eigenen Geschichte und damit ihren eigenen Voraussetzungen: dem eurozentrischen Blick, der die ‚westliche‘ Kunstgeschichte als allgemein verbindliche Alleingeschichte kanonisierte? Kann gar die enthusiastische Hereinnahme außereuropäischer Traditionen Formen annehmen, die der längst überwunden geglaubten Kolonialgeschichte nur wieder neue Kapitel anfügen?
Die Ringvorlesung Global Art History will eine Standortbestimmung der Kunstwissenschaft/Kunstgeschichte vornehmen. Aber nicht nur wo sie in diesem Diskursfeld steht, sondern vielmehr wie man steht und wie und wohin man sich bewegt, soll in den Vorträgen international ausgewiesener Fachleute deutlich werden: Es geht um theoretische Fundierungen und methodische Klärungen, um ‚fremde‘ und ‚eigene‘ Kunstgeschichte(n) – auch um die ‚fremde‘ in der ‚eigenen‘ und die ‚eigene‘ in der ‚fremden‘ – und bei einer Podiumsdiskussion darum, was das für Künstler/innen heute heißen kann.
Mit Global Art History wird der Schwerpunkt „Kunst im interkulturellen Kontext“ am Fachbereich Kunstwissenschaft der Katholischen Privat-Universität Linz weiter ausgebaut. Die Veranstaltung versteht sich als disziplinenübergreifendes Diskussionsangebot am Universitätsstandort Linz und spricht zugleich eine an inter- und transkulturellen Fragen und aktuellen Entwicklungen der Kunstwissenschaft interessierte Öffentlichkeit an.
Konzeption: Monika Leisch-Kiesl, Julia Allerstorfer