Am 19. Februar ist Umberto Eco im Alter von 84 Jahren in Mailand gestorben. Er gehörte zu den bekanntesten Geisteswissenschaftlern unserer Zeit. In ihm verband sich der Universalgelehrte mit dem Popstar. Seine Vorlesungen am Lehrstuhl für Semiotik der Universität Bologna waren nach dem weltweiten Erfolg seiner Romane "Der Name der Rose" und "Das Foucaultsche Pendel" - so erinnern sich viele seiner früheren Studenten - wahre Touristenattraktionen, in die Besucher aus aller Welt ein- und ausmarschierten. In unserem Interview mit dem Linguisten und Semiotiker, aber auch Weggefährten Ecos, Prof. Dr. Winfried Nöth, möchten wir dagegen vor allem an den Wissenschaftler Umberto Eco erinnern.
"Aufmerksam zugehört und persönlich kommentiert"
L.I.S.A.: Herr Professor Nöth, am 19. Februar ist mit Umberto Eco, der wohl bekannteste zeitgenössische Semiotiker, im Alter von 84 Jahren gestorben. Wie erinnern Sie sich an Umberto Eco?
Prof. Nöth: Meine persönlichen Erinnerungen an Umberto Eco reichen bis in das Jahr 1969 zurück. Als junger Doktorand erlebte ich den damals in Deutschland noch ziemlich unbekannten Eco bei einem Gastvortrag in Bochum. In einem anschließenden Gespräch interessierte er sich für das Thema meine Doktorarbeit und gab mir zu ihm hilfreiche Ratschläge. Mir ist in Erinnerung, dass Eco mir mehr zur Lektüre anderer Autoren riet als zu seinen eigenen einschlägigen Arbeiten, die ich aber von da an entgegen seinem Rat mehr zu studieren begann als jene anderen. Erst 1987 traf ich den nun bereits berühmten Eco persönlich wieder, nämlich anlässlich des Deutsch-Italienischen Symposiums für Semiotische Studien in Stuttgart, zu dem Eco mit seinem unvergesslichen Vortrag über die „Unmöglichkeit einer Kunst des Vergessens“ seinen denkwürdigen Beitrag leistete. Von da an begegnete ich Eco bei zahlreichen internationalen Kolloquien und Kongressen.