Gewalt und Krieg finden in der Archäologie von Zeit zu Zeit eine rege Beachtung. In der Ur- und Frühgeschichte schlug sich das Thema zuletzt in zahlreichen Tagungen zum Thema in den Jahren um die Jahrhundertwende und dem Erscheinen daraus hervorgegangener Sammelbände nieder (zuletzt Carman 1997, Martin & Frayer 1997, Carman & Harding 1999, Otto et al. 2003, Parker Pearson & Thorpe 2005). Einem breiten Spektrum von Theorien und Konzepten zur Analyse bewaffneter Konflikte steht allerdings eine schüttere archäologische Quellenlage gegenüber. Ihre Untersuchung erfordert eine klare Einschätzung, welche Information sie tatsächlich in der Lage sind zu liefern sowie eine rigide Methodologie im Umgang mit Überlieferungslücken.
Zielsetzungen
- Welche Auswirkungen hatten bewaffnete Konflikte auf prähistorische Gesellschaften?
- Welche Bevölkerungsgruppen waren direkt, welche indirekt betroffen?
- Welche Aussagemöglichkeiten zu diesen Fragen lässt die lückenhafte archäologische Überlieferung überhaupt zu?
Ziel des Projektes ist es abzuschätzen, was heute erhaltene archäologische Überreste über den Hergang und die Folgen bewaffneter Konflikte der Ur- und Frühgeschichte aussagen und welche Ausschnitte einer historischen Wirklichkeit dadurch belegt sind. Letztendlich stellt sich die Frage, in wie fern bewaffnete Konflikte ein sinnvolles Thema für archäologische Arbeit darstellen.
Vorgehensweise
Durch die Auswertung von Fachliteratur aus den Bereichen Ethnologie, Soziologie und Alter Geschichte soll die Bandbreite an Fragestellungen zu bewaffneten Konflikten herausdestilliert werden. Daraus ergibt sich eine erste Abschätzung, welche dieser Aspekte anhand archäologischer Quellen behandelt werden können bzw. wo von vornherein Erkenntnislücken erwartet werden müssen. Dieser theoretische Erwartungshorizont soll mit Ergebnissen aus drei Teilstudien an konkretem archäologischen Material konfrontiert werden.
Bei allen interpretatorischen Problemen, die prähistorische Gräberfelder aufwerfen, stellen sie nach wie vor die einzige Materialquelle dar, welche direkte Daten vorgeschichtlicher Populationen liefert. Daher basieren die Teilstudien auf der Untersuchung großer Skelettserien, bei denen die Annahme, es handle sich um eine Population, begründet ist.
Die direktesten Informationen, welche aus dem Skelettmaterial gewonnen werden können, sind die am Knochen ablesbaren Spuren physischer Belastungen in Form von Aktivität, Krankheit und äußeren Einflüssen. Diese Belastungen können direkte Folge bewaffneter Konflikte sein oder auch durch solche induziert. Es ist aber zu diskutieren, wie wahrscheinlich diese Annahme von Fall zu Fall gemacht werden kann. Und diese Abschätzung sollte stets auf dem Hintergrund des gesamten paläopathologischen Profils vorgenommen werden.
Neben den anthropologischen Daten steht mit Grabbeigaben, Grabarchitektur und anderen Spuren des Bestattungsbrauchs eine kulturelle Strukturierung der Friedhofspopulation zur Verfügung. Es soll untersucht werden, ob ähnliche Bestattungsweisen mit charakteristischen Gesundheitsprofilen korrelieren - in wie fern also Personen, die auf ähnliche Weise beigesetzt wurden, spezifischen Belastungen ausgesetzt waren, die sie als Gruppe zusätzlich hervorheben. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Merkmalen, die u. U. in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten stehen könnten, wie etwa unterschiedliche Kombinationen von Waffenbeigaben.
Weitere Informationen
Eine detailliertere Darstellung bietet der Internetauftritt des Projektes unter
http://omnibus.uni-freiburg.de/~fe7/index.html
Literatur
- Carman, J. & Harding A. F. Hrsg., 1999. Ancient Warfare. Archaeological Perspectives. Stroud: Sutton.
- Otto, T., Thrane, H. & Vandkilde, H. Hrsg., 2003. Warfare and Society from an Archaeological and Social Anthropological Perspective. Aarhus: Aarhus University Press.
- Parker Pearson, M. & Thorpe, I.J.N. Hrsg., 2005. Warfare, Violence and Slavery in Prehistory. Oxford: Archaeopress.
Partnerschaften
Die Promotionsarbeit wird betreut von
- Prof. Dr. Ursula Wittwer-Backofen,
Anthropologie – Medizinische Fakultät,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Prof. Dr. Christoph Huth,
Institut für archäologische Wissenschaften,
Albert-Ludwigs-Uinversität Freiburg
Für ihre Unterstützung danke ich außerdem den folgenden Personen und Institutionen:
- Prof. Dr. Joachim Wahl,
Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Konstanz, Osteologie. - Dr. Ingo Stork,
Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Esslingen, Archäologische Denkmalpflege. - Malte Rödl für EDV-Unterstützung und Programmierung.
Für guten Rat und kollegiale Hilfe danke ich folgenden Personen:
- Christian Meyer MA,
Institut für Anthropologie,
Johann-Gutenberg-Universität Mainz - Dr. Linda Fibiger,
Laboratory for Archaeology and the History of Art,
Oxford University - Dip. arch. Simon Kramis,
Institut für prähistorische und naturwissenschaftliche Archäologie, Universität Basel - Christian Weißhaar, Linda Hartung, Mareen Kästner,
alle Anthropologie – Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.