L.I.S.A.: Frau Dr. Harter-Uibopuu, Herr Dr. Kruse, Sie haben zuletzt in Wien ein internationales Kolloquium zum Thema „Sport und Recht in der Antike“ abgehalten. Warum Sport und Recht? Inwiefern waren sportliche Aktivitäten und Veranstaltungen bereits damals rechtlich geregelt?
Dr. Harter-Uibopuu: Gerade im Vorfeld der olympischen Sommerspiele 2012 ist auch der Themenbereich des antiken Sports wieder von besonderem Interesse. Für uns als Rechtshistoriker lag es daher nahe, diesen Schwerpunkt für das zweite Wiener Kolloquium zur antiken Rechtsgeschichte zu wählen. Sowohl aus griechischer als auch aus römischer Zeit sind städtische und reichsweite Regelungen erhalten, die den Ablauf der Wettkämpfe, Regelverstösse, Strafen und Privilegien der Agonisten (Teilnehmer) betreffen. Die entsprechenden Texte sind nicht nur bei antiken Schriftstellern, sondern auch auf Stein- und Bronzeinschriften sowie für das römische Ägypten auf Papyrus überliefert. Zunächst handelt es sich dabei vor allem um lokale Gesetzgebung vornehmlich griechischer Städte und Heiligtümer, während ab der römischen Kaiserzeit für den ganzen Mittelmeerraume geltende, vom Kaiser erlassene Vorschriften zu finden sind.
L.I.S.A.: Was passierte beispielsweise bei tödlichen Sportunfällen? Wie gewalttätig waren die sportlichen Wettkämpfe, zum Beispiel der Pankration?
Dr. Kruse: Wenn trotz der Überwachung der Wettkämpfe durch Schiedsrichter und Trainer Sportunfälle passierten, blieben diejenigen teilnehmenden Sportler, die sich an die Regeln gehalten hatten, straffrei. Ulpian vermerkt darüber hinaus, dass das Schadensersatzrecht der lex Aquilia dann nicht zur Anwendung kommen dürfe, wenn jemand einen anderen im Ringkampf, Pankration oder Faustkampf in einem öffentlichen Wettkampf tötete, „weil der Schaden offensichtlich um des Ruhmes willen und um seinen Mut zu beweisen zugefügt wurde, nicht aber in rechtswidriger Weise“. Die Einwilligung der Kontrahenten schließt jede Haftung aus. Ereignet sich die Tötung aber, nachdem einer der beiden Sportler bereits aufgegeben hatte, muss der Schaden sehr wohl ersetzt werden. Bildliche Darstellungen zeigen immer wieder Verletzungen, vor allem im Faustkampf und anderen schwerathletischen Bewerben, verletzungsbedingte Abbrüche gegen den Willen der Sportler sind dabei aber nicht belegt.
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