Am 29. Oktober 2020 verstarb der Göttinger Kirchengeschichtler Prof. Dr. Bernd Moeller im Alter von 89 Jahren. Er gehörte zu den profiliertesten Reformationshistorikern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Forschungen betrieb er im engen Gespräch mit den Nachbardisziplinen, besonders mit der Mediävistik, der Germanistik und der Kunstgeschichte. Moeller verstand es meisterhaft, zentrale – und zuvor oft übersehene – Probleme der Reformationsgeschichte in brillant geschriebenen Essays oder schmalen Bänden pointiert zu skizzieren, zuzuspitzen, ihnen neue Aspekte abzugewinnen und damit künftige Forschungen anzuregen. Von diesen Fähigkeiten profitierte besonders die wegweisende, 1983 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg gezeigte Luther-Ausstellung mit ihren neuartigen Blicken auf die Vorgeschichte, die unterschiedlichen Akteure und vielfältigen Dimensionen der Reformation, deren wissenschaftliche Vorbereitung Bernd Moeller als Vorsitzender des Vereins für Reformationsgeschichte verantwortete. Als Sprecher des Graduiertenkollegs „Kirche und Gesellschaft im Heiligen Römischen Reich im 15. und 16. Jahrhundert“ (1992–2000) hat er in enger Zusammenarbeit mit Hartmut Boockmann Forschungen zur Vor- und Frühreformation erfolgreich vorangetrieben, die bis heute weiterwirken.
Als ich das Projekt „Himmlische Fundgrube“ zu konzipieren begann, das ab 2010 von der Gerda Henkel Stiftung gefördert wurde, ging es auch um eine Fortsetzung der Arbeiten und Anregungen von Bernd Moeller und des 1998 viel zu früh verstorbenen Hartmut Boockmann. Im September 2011 war es mir möglich, darüber mit ihm vor der Kamera in seinem Sommerhaus in Heringsdorf zu sprechen. Aus dem umfangreichen Material wurde 2012 ein kurzer Ausschnitt im Rahmen der Filmdokumentation zum Projekt gezeigt. Bernd Moellers Tod gab den Anlass, das ganze Interview neu zu schneiden, was dankenswerter Weise von Ilka Rusche und Mathilda Kühne technisch umgesetzt wurde. Es bietet eine Rückschau auf ein halbes Jahrhundert Forschungsgeschichte zur Vor- und Frühreformation aus dem Blickfeld eines ihrer wichtigsten Akteure.
Reaktionen auf den Beitrag
Kommentar
es ist sehr bedauerlich, dass die Audiospur des hochinteressanten Interviews, die hier als "Podcast" bezeichnet wird, weder im LISA-Angebot bei Spotify noch über andere Wege für normale Podcatcher zu finden ist. Ich konsumiere sehr viele akustische Angebote im historischen Bereich, setze mich dazu aber nie vor einen Bildschirm, sondern höre sie bei anderen Tätigkeiten. Es wäre wünschenswert, wenn die Henkel-Stiftung dazu übergehen könnte, die Audiospuren von Ihren hochinteressanten Interviews, Vorträgen oder Diskussionsveranstaltungen, die als Video angeboten werden, grundsätzlich auch als Audiospuren in leicht zugänglicher Form anbieten könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Jürgens