Immanuel Kant meinte einst, dass drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen. Und Sigmund Freud glaubte in seiner Abhandlung über Humor, die Quelle der Lust am Humor gefunden zu haben: "Ich meine, ich habe gezeigt, daß der humoristische Lustgewinn aus erspartem Gefühlsaufwand hervorgeht." Klingt so, als habe das Lachen viel mit unserer Psyche zu tun, auf die es wiederum heilsame Effekte haben kann. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Carsten Petermann von der Institutsambulanz des Sozialpsychiatrischen Zentrums des Agaplesion Diakonieklinikums in Rotenburg/Wümme hat ein humorvolles Buch nicht nur über diese Zusammenhänge geschrieben, sondern auch über den Alltag seines doppelten Berufslebens - das des Psychiaters und das des Künstlers. Wir haben ihm dazu unsere Fragen gestellt.
"Beitrag zur dringend gebotenen Entstigmatisierung psychisch Kranker"
L.I.S.A.: Herr Petermann, Sie sind Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und haben einen bewusst humorvollen Band über Ihre Disziplin und Ihren Berufsstand veröffentlicht. Ist Ihnen denn bei Ihrer Arbeit - immerhin haben Sie es mit Menschen zu tun, die psychisch erkrankt sind und darunter leiden - oft zum Lachen zumute? Oder gilt auch hier: Lachen ist die beste Medizin? Anders gefragt: Warum ein humorvolles Buch über Psychiater und andere psychische Störungen?
Petermann: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Selbstverständlich ist Psychiatrie nichts zum Lachen und Patienten in der Psychiatrie haben i.d.R. nichts zu lachen. Psychisch Erkrankte unterschieden sich diesbezüglich wenig bis in nichts von körperlich Erkrankten. Letztere freuen sich z.B. über eine Diagnose, wenn Sie zuvor befürchtet hatten, an etwas noch Schlimmerem zu leiden. So hat einmal ein Professor für Psychiatrie zu einem jungen Patienten gesagt: „Ich gratuliere Ihnen. Sie haben eine Schizophrenie.“ Darauf der Patient: „Wieso gratulieren Sie mir dazu? Ist das nicht schlimm?“ Der Professor: „Mit einer Schizophrenie kann ich Sie behandeln. Hätten Sie dasselbe, aber läge das an einer Macke, dann könnte ich Sie nicht behandeln.“
Wir lachen zu wenig. Man weiß, dass Menschen, die optimistisch durchs Leben gehen und diesen Optimismus vielleicht auch durch vermehrtes Lachen zum Ausdruck bringen, hinsichtlich der Erkrankungswahrscheinlichkeit und der Prognose psychischer Erkrankungen besser dastehen als solche, denen das Lachen vergangen ist. Insofern stellt Lachen als Ausdruck einer positiven Affektivität – was es aber nicht in jedem Fall sein muss – einen bedeutenden Resilienzfaktor dar, der über die Ausschüttung des „Glückshormons“, dem Serotonin – ein Botenstoff in unseren Hirnen, der macht, dass es uns gutgeht – vor psychischen Erkrankungen schützen kann. Und nicht nur vor psychischen, wie Studien einhellig belegen: Lachen schützt vor Herzinfarkt, könnte man etwas reißerisch sagen. Das wäre immerhin eine Botschaft, die ankäme. Wenn mein Buch und das Bühnenprogramm, das ich derzeit aufführe, in dieser Hinsicht einen kleinen Beitrag zu leisten vermöchten, wäre das fantastisch! Begonnen hat alles mit einem Reim, den ich mir spontan für eine meiner Patientinnen ausgedacht hatte, sozusagen als Erinnerungsstütze für ihre Medikamenteneinnahme, die sie ansonsten gerne immer wieder vergaß. Was passierte? Meine Patientin, die an einer schweren Depression litt, fing zu lachen an. Und ich lachte mit ihr. Und das Schöne daran: Es tat uns beiden gut! Solch einen verrückten Arzt hatte sie sicherlich noch nie erlebt, der sich für seine Patienten Reime ausdenkt, damit diese an ihre Medikamente denken! Und aus dem Impuls dieses überraschenden „Anfangserfolgs“ heraus entstand dann das Buch, das später inklusive der zehn darin enthaltenen AUDIO-Dateien von SPRINGERNature übernommen wurde. Es richtet sich an all diejenigen, die sich auf humorvolle Weise und dennoch fachlich fundiert einen Überblick über einige wichtige psychische Störungen verschaffen möchten, wobei sich die eigentliche Zielsetzung erst beim Schreiben herauskristallisierte: Indem es den weiß bekittelten Arzt mit seinem über alle übrigen Zeitgenossen erhabenem Wissen hinterfragt und ihn einlädt, mit seinen Patienten zwischenmenschlich auf Augenhöhe zu agieren. Dabei wird aufgezeigt, dass niemand (und erst recht nicht Ärzte!) davor gefeit ist, an einer schweren psychischen Störung zu erkranken. Schließlich möchte das Buch einen Beitrag zur dringend gebotenen Entstigmatisierung psychisch Kranker leisten und Betroffenen den Weg aus dem gefühlten Abseits zurück in die Mitte unserer Gesellschaft weisen.