Wir sind es gewohnt, soziale und politische Konstellationen als Abfolgen von Aktionen und Reaktionen zu beschreiben. Doch nicht selten ist es gerade das Fehlen von Handeln, das gesellschaftliche Konflikte und Wandel hervorruft. Hier zeigt sich: die Abwesenheit von Handeln ist nicht einfach nichts, sondern muss unter bestimmten Umständen selbst als eine eigenständige Form der sozialen und politischen Praxis aufgefasst werden.
Auf der Basis von Fallstudien aus dem 19. und 20. Jahrhundert untersucht die Tagung die besondere Eigenlogik und historische Bedeutung von Unterlassungspraktiken. Stellt das Nicht/Handeln einerseits eine besondere Herausforderung für eine Theorie historischer Praktiken dar, verspricht seine Thematisierung andererseits auch einen neuen Blick auf die spezifische Natur moderner Gesellschaften. Denn gerade in den kontroversen Auseinandersetzungen mit Unterlassungen treten die Konturen der neuen Partizipationschancen, -erwartungen und -zwänge hervor, die in diesem Zeitraum auf vielen Gebieten etabliert wurden.
- Sektion I: Konflikt ohne Widerspruch: Politisches Handeln durch Auslassung und Unterlassung
Hedwig Richter (Hamburg), Benjamin Möckel (Köln), Christian Halbrock (Berlin), Michael Freeden (Oxford) - Sektion II: Einstieg und Ausstieg: Teilhabe und die Konturen der modernen Gesellschaft
Tobias Weidner (Göttingen), Yvonne Robel (Hamburg), Thomas Welskopp (Bielefeld) - Sektion III: „… that no matter how one may try, one cannot not communicate.“ Kommunikation und ihr Gegenteil
Theo Jung (Freiburg), Torsten Riotte (Frankfurt a. M.), Armin Owzar (Paris), Kerstin Brückweh (Potsdam) - Paneldiskussion: Grenzen der Leistungsgesellschaft? Aktuelle Perspektiven
Anselm Lenz (Haus Bartleby), Jochen Gimmel (Freiburg)