Der Verweis auf Einhaltung oder Verteidigung der Menschenrechte gehört heute zum Standardrepertoire in der Politik. Wer auf der politischen Bühne seinen Forderungen zusätzliche Legitimation verschaffen möchte, beruft sich im Zweifelsfall auf die Menschenrechte. Seit wann ist das eigentlich so? Worauf beziehen sich Verfechter der Menschenrechte genau? Und welche Rolle spielt dabei die Verankerung von Menschenrechten in völkerrechtlichen Erklärungen und bei internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen? Die Kölner Fritz Thyssen Stiftung hat einen Arbeitskreis zu Menschenrechten im 20. Jahrhundert eingerichtet, in dem unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Frei Historiker, Politikwissenschaftler und Juristen diesen und ähnlichen Fragen nachgehen. Dieser Arbeitskreis hat vor kurzem eine neue Online-Plattform gestartet, die sich den Quellen zur Geschichte der Menschenrechte widmet und die der Historiker Dr. Daniel Stahl redaktionell betreut. Wir haben ihn zur neuen Internetpräsenz befragt.
"Ein neues Angebot, das den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt"
L.I.S.A.: Herr Dr. Stahl, Sie beschäftigen sich als Historiker mit der Geschichte der Menschenrechte. Vor kurzem ist eine neue Plattform online gegangen, deren Redaktion Sie inne haben: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte. Wie kam es zur Initiative für diese Online-Plattform? Welchen Zweck verfolgt das Portal? An wen richtet es sich?
Dr. Stahl: Die Geschichte der Menschenrechte hat sich in den letzten Jahren zu einem intensiv bearbeiteten Forschungsfeld entwickelt. Unser Verständnis davon, wie man den Aufstieg der Menschenrechte verstehen muss, hat sich dadurch grundlegend gewandelt. Wir können diese Entwicklung nicht verstehen, wenn wir nicht die Mehrdeutigkeiten und Ambivalenzen des Menschenrechts-Konzepts in den Blick nehmen. Die herkömmlichen Quellensammlungen zum Thema Menschenrechte spiegeln den aktuellen Forschungsstand jedoch nicht wider. Dort erscheinen Menschenrechte als ungebrochenes Fortschrittsnarrativ, das von der Antike über die Französische Revolution bis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte reicht.
Mit unserem Portal wollen wir ein neues Angebot schaffen, das den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt. Das versuchen wir mit zwei Formaten: Auf der einen Seite kommentieren wir Quellen, die für einen bestimmten Aspekt der Menschenrechtsgeschichte paradigmatisch sind. Wie entstanden sie? Welche Konflikte spiegeln sich in der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte? Wie wurden Sie später umgedeutet? Auf der anderen Seite führen wir lebensgeschichtliche Interviews mit Personen der Menschenrechtsgeschichte. Was brachte sie dazu, sich für dieses Thema einzusetzen? Indem wir online publizieren, können wir jederzeit auf neue Forschungsergebnisse und –entwicklungen reagieren.
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Darunter u.a. ein Artikel von Daniel Stahl:
http://www.zeithistorische-forschungen.de/1-2013/id=4714
aktuelles Themenheft "Apartheid und Anti-Apartheid - Südafrika und Westeuropa":
http://www.zeithistorische-forschungen.de/2-2016