Mit Ostern steht ein traditionelles Familienfest vor der Tür, das für gewöhnlich mehr als nur die Kernfamilie umfasst. Der große Kreis wird dieses Mal allerdings nicht zusammenkommen dürfen - die gesonderten Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise bleiben bestehen. Erst für die Zeit danach haben einige Landespolitiker in Deutschland erste Lockerungen in Aussicht gestellt - bezeichnenderweise in Schleswig Holstein und nicht in Bayern, das mit Blick auf Corona-Infektionen inzwischen am stärksten betroffene Bundesland. Aber nicht nur dort dürfte für die meisten Menschen die in Deutschland völlig ungekannte Lebenssituation noch einige Zeit fortdauern. Wie wird die Aufrechterhaltung der Sonderregeln nach nun einigen Wochen erfahren: als berichtigte Schutzmaßnahme, als lästige Einschränkung oder gar als willkürliche Gängelung? Das wollten Jürgen Zimmerer und Georgios Chatzoudis in ihrem LogBuch von Ihren Gesprächsgästen Paula-Irene Villa Braslavsky und Patrice G. Poutrus wissen.
"Den eingeschränkten Umgang in der Öffentlichkeit finde ich bedrückend"
Chatzoudis: Guten Tag zusammen! Wir haben gestern darüber gesprochen, dass sich die Menschen in Deutschland offenbar recht diszipliniert verhalten, wenn es darum geht, die Verhaltensregeln zur Eindämmung von Corona einzuhalten. In einem früheren LogBuch hat Mahret Ifeoma Kupka geschrieben, ihr Leben haben sich eigentlich kaum verändert, da sich ohnehin viel virtuell und digital abspiele. Wie sieht es bei Ihnen aus? Fällt Ihnen das Befolgen der Maßnahmen auch leicht oder eher schwer? Fühlen Sie sich gut geschützt, eher eingeschränkt oder gar willkürlich behandelt?
Villa Braslavsky: Ich finde diese Zeit sehr schwierig, aber gemischt mit guten und interessanten Elementen.
Chatzoudis: Was weckt Ihr Interesse? Auch auf soziologischer Sicht, Frau Villa?
Poutrus: Also ich fühle mich ok. Meine Familie fehlt mir sehr, und den eingeschränkten Umgang in der Öffentlichkeit finde ich bedrückend.
Villa Braslavsky: Ich fühle mich extrem eingeschränkt, weil ich sonst sehr viel - und gern - reise, zu Tagungen, Gremien, Konferenzen usw. Mir fehlt die kopräsente, nicht-virtuelle Kommunikation, auch in der Wissenschaft! Aber auch Freundschaften und die erweiterte Familie fehlen mir extrem.
Poutrus: Das geht mir auch so und meine Forschungen brauchen den Kontakt zu Menschen.
Chatzoudis: Kontakt zu halten scheint doch momentan das geringste Problem zu sein, Herr Poutrus.
Villa Braslavsky: Zugleich hatte ich aber auch seit Jahrzehnten nicht so wenig Termine bzw. so viel Zeit zuhause. Das hat(te) zunächst jedenfalls, auch was sehr Gutes. Ich bin zunächst gut zur Ruhe gekommen. Aber das hat sich nun verwandelt in eine ungute Unruhe.