Im Sport scheinen Leistung und Erfolg zusammenzugehören. Wer gute Ergebnisse erzielen oder sich verbessern möchte, muss Leistung zeigen. Dieses Leistungsprinzip ist längst zum bestimmenden Prinzip in der Arbeitswelt und beruflichen Wettbewerb geworden. Gibt es da einen Zusammenhang? Woher kommt das Leistungsdenken moderner Gesellschaften? Und wie wirkt es sich auf unser Verständnis des Körpers und dem Wunsch nach Leistungssteigerung aus? PD Dr. Heiko Stoff beschäftigt sich mit der Wissensgeschichte des Leistungskörpers und der Etablierung des Leistungsprinzips. Beide identifiziert er als grundlegendes Merkmal unserer Gesellschaft, und zwar nicht nur im Sport, sondern in allen Lebensbereichen. Wir haben ihm zu diesem Thema einige Fragen gestellt.
"Perfektionierung spezifizierter körperlicher Funktionen"
L.I.S.A.: Herr Dr. Stoff, Sie beschäftigen sich mit dem Leistungsprinzip in der Wettbewerbsgesellschaft und haben darüber zuletzt einen Aufsatz im Band „Die Spiele gehen weiter“ veröffentlicht, in dem es um Sportgeschichte geht. Wo findet sich in Ihrer Arbeit der Anschluss an die Geschichte des Sports? Bemisst sich der Sport nicht genuin an Leistung? Anders gefragt: Ist Sport ohne Leistung denkbar?
Dr. Stoff: Just die Frage, ob sich Sport genuin an Leistung bemisst, ist um 1970 intensiv diskutiert worden. Seitdem wird auch zwischen Leistungssport einerseits und Fitness oder Breitensport andererseits unterschieden. Der Leistungsbegriff ist aber bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert eng mit dem Imperativ der Leistungsoptimierung verbunden und steht insbesondere für die Perfektionierung spezifizierter körperlicher Funktionen. Die Zurichtung des Körpers in der Fabrik, so lautet ein oft zu hörender kritischer Einwand im 20. Jahrhundert, entspricht dem Training jenes Leistungskörpers, der sich im Wettbewerb des Sports gewinnbringend durchzusetzen hat. Die Kritik am „Leistungszwang“, wie sie seit den 1960er Jahren formuliert wird, richtete sich entsprechend immer auch gegen den Sport, was für die entstehende Sportwissenschaft ein gravierendes Problem darstellte.
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Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History
11 (2014), Heft 3: Stress!
hg. von Lea Haller, Sabine Höhler und Heiko Stoff
http://www.zeithistorische-forschungen.de/3-2014