Der XXXVI. Deutsche Kunsthistorikertag lud nach Stuttgart ein, um sich dort Gedanken zu „FORM FRAGEN“ zu machen. Dieser Beitrag widmet sich der Frage, welche unterschiedlichen FORMEN es für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Kunstgeschichte gibt, im Museum zu arbeiten und zu forschen, erörtert anhand von Vorträgen dieses Fachkongresses.
Von den unterschiedlichen Formen im Fach Kunstgeschichte in Museum zu arbeiten
Lara-Sophie Straub | Bericht vom XXXVI. Deutschen Kunsthistorikertag in Stuttgart
Auf der Präsentation erstrahlten eine Vielzahl an Ausstellungsplakaten und -titeln, die alle eines gemeinsam haben: Rembrandt. Das Forum Niederländische Kunst- und Kulturgeschichte stellte „Fragen an Rembrandt“. Moderiert von Britta Bode (Berlin), Almut Poller-Schmidt (Frankfurt) und Friederike Schütt (Frankfurt) stellten anschließen David de Witt (Amsterdam) und Anja Sevčík (Köln) auf dem Podium ihre Projekte und Forschung über den Niederländer – der allgemein unter seinem Vornamen Rembrandt bekannt ist – vor. Es wurden verschiedene Ausstellungs- und Forschungsprojekte rund um Rembrandts 350. Todesjahr 2019 vorgestellt, wobei sich diese über den Zeitraum von bereits 2018 bis 2022 erstreckten. Die Teilnahme an diesem Forum zeigte mir als Nachwuchswissenschaftlerin, wie vielfältig Forschung und Ausstellungskonzepte alleine zu einer Künstlerpersönlichkeit sein können und wie unterschiedlich sie in verschiedenen europäischen Ländern und damit Ausstellungshäusern gehandhabt werden. Jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler tritt mit anderen Fragestellungen an einen Künstler heran und durch multiperspektive Zugänge veranschaulichten die Diskutierenden, was es heißt, – auf spannende Art und Weise – heute monographisch im Museum zu Arbeiten. So eröffneten sich Fragen auf Perspektiven für zukünftige Forschungsvorhaben und es wurde deutlich, dass die Rembrandt-Forschung heute bei weitem noch nicht abgeschlossen zu sein scheint.
Mit Interesse nahm ich am Nachwuchsforum des Kunsthistorikertages teil, bei dem in zwei Panels über „Formen des Übergangs – Perspektiven des Kunstgeschichtsstudiums“ diskutiert wurde. Nicht nur konstruktive Impulse aus den beiden Panel-Diskussionsrunden des ersten Tages, sondern auch Anregungen, wie beispielsweise „Dinge einfach mal auszuprobieren“ hinterließen inspirierende und bleibende Eindrücke. Beim zweiten Zusammentreffen des Nachwuchsforums, das eine offene Diskussionsrunde bot, war erfreulicherweise der gesamte neugewählte Vorstand des Verbandes anwesend und beteiligte sich rege an den Diskussionen aller Anwesenden. Zudem gab es den Anstoß und Bestrebungen zur Etablierung eines über dieses Forum hinaus gehenden Nachwuchs-Netzwerkes. Die Form des persönlichen Austausches endlich wieder in Präsenz, kam definitiv auch dem Nachwuchsforum zu gute. So traf man sich bei strahlendem Sonnenschein in der Mittagspause im Innenhof zu konstruktiven Gesprächen. Dabei begegnete man nicht nur ehemaligen Kommilitoninnen aus unterschiedlichen Studienabschnitten, sondern knüpfte neue Kontakte, mit denen Themen wie Promotion, Volontariat oder Jobsuche besprochen wurden. Aber auch der fachliche Diskurs kam dabei nicht zu kurz: Forschungsthemen von gerade anstehenden Masterarbeiten, Promotionsvorhaben oder Themen aus den Berufsfeldern des Nachwuchses wurden interessiert, oft gewinn- und inspirationsbringend erörtert.
Die Sektion „Ästhetische Erziehung als Museumsaufgabe?“ unter der Leitung von Irmgard Müsch (Stuttgart) und Maaike van Rijn (Stuttgart) widmete sich dem Museum aus einer anderen Perspektive. So standen hier nicht explizit die Forschungsarbeit von Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern in Museen im Mittelpunkt, sondern es ging viel mehr um die Institution Museum an sich als Forschungsthema. Anna Frasca-Rath (Erlangen) und Luise Reitstätter (Wien) sprachen über die Verankerung von „Ästhetischer Erziehung" und „Geschmacksbildung" in musealen Leitbildern, indem sie einerseits historische und aktuelle Mission Statements von Museen untersuchten, aber auch ausführlich über Ihre Publikumsforschung berichteten. Sandra-Kristin Diefenthaler (Stuttgart) zeigte in ihrem Vortrag „„Kunst gegen Krieg“. Die Ausstellungs- und Sammlungspolitik der Staatsgalerie Stuttgart von 1945 bis 1960“, wie man heute die institutionseigenen Gesichte reflektieren und diese zu einem Forschungsthema machen kann. Ferner analysierte Klara von Linden (Göttingen) die kuratorischen Konzepte Werner Hofmanns in der Hamburger Kunsthalle u.a. als Versuch einer ästhetischen Umerziehung des Museumspublikums hinsichtlich seiner Sehgewohnheiten.
Die Vorträge dieser Sektion veranschaulichten, wie unterschiedlich man über Themenkomplexe rund um Museen forschen kann, wodurch auch sie als Untersuchungsgegenstand für mögliche Forschungsthemen des kunsthistorischen Nachwuchses nicht außer Acht gelassen werden sollten.
Forschung ist gemäß – der aktuell noch geltenden – ICOM-Definition eine der Kernaufgabe von Museen und somit sicher auch allen Nachwuchskunsthistorikerinnen und -kunsthistorikern als eine mögliche Form einer musealen Karriere ein Begriff. Im Forum der Berufsgruppe Museen gab Almut Pollmer-Schmidt (Frankfurt) einen Einblick in ihre Arbeit „Vom Glück, im Museum zu forschen“. Sie stellte dabei heraus, dass man stets der Historie des Hauses, an dem man forscht, verpflichtet ist und wie wichtig sowie unabdingbar ein ganzheitlicher Blickwinkel auf die zu erforschenden Objekte ist.
Die Teilnahme an dieser Tagung stellte für mich eine bereichernde und wertvolle Gelegenheit dar, um meine theoretischen und fachwissenschaftlichen Kenntnisse zu erweitern. Der Deutsche Kunsthistorikertag bietet die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven der kunsthistorischen Forschung zu erfassen und hilft möglicherweise Fragen nach der eigenen Forschungszukunft zu klären. Die abwechslungsreichen Vorträge der Foren, Plenen und Sektionen des Kongresses zeigten unterschiedliche Formen des musealen Arbeitens auf und legte deren Vielseitigkeit offen.
Ich freue mich mit anderen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in einen intensiven fachlichen, aber auch freundschaftlichen Austausch gekommen zu sein. Als wissenschaftlicher, kunsthistorischer Nachwuchs zum bundesweit größten Fachkongress seiner Art zu fahren ist definitiv eine lohnenswerte und empfehlenswerte Erfahrung. Das Nachwuchsforum ist ein Format, das meines Erachtens beibehalten werden und je nach Bedürfnissen der Zeit angepasst werden sollte.
Ich möchte mich bei der Gerda Henkel Stiftung bedanken, durch deren Reisestipendium es mir möglich war, an diesem Kongress in Stuttgart teilzunehmen, ebenso geht mein Dank an die Organisatorinnen und Organisatoren des Nachwuchsforums in Stuttgart.