In der Erforschung der Weimarer Republik ist die globalgeschichtliche Perspektive mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Welche leitende Fragen stellen sich? Welche Quellen kommen in Betracht? Welche gesellschaftlichen Felder und Akteure gilt es in den Blick zu nehmen? Die Historikerin Prof. Dr. Gabriele Lingelbach von der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel skizziert in ihrem Kölner Vortrag ein Forschungsprogramm für eine globalhistorische Untersuchung der Weimarer Republik. Sie unternimmt dabei eine theoretische Einordnung eines globalgeschichtlichen Ansatzes und fragt, inwiefern zwischen Globalisierungs- und Deglobalisierungstendenzen zu unterscheiden ist.
Kölner Vorträge zur Neueren und Neuesten Geschichte im Wintersemester 2018/19:
Facetten der Weimarer Republik
Die derzeit zu erlebende Erosion demokratischer Politikformen, der weltweite Aufstieg des Rechtspopulismus und eine mediengetriebene Ressentiment(un)kultur hat das Interesse an der Geschichte der Weimarer Republik wieder aufleben lassen. 100 Jahre nach der Gründung der ersten deutschen Demokratie fragen zahlreiche Beiträge in Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk danach, wieviel der meist defizitär wahrgenommenen „Weimarer Verhältnisse“ in der Bundesrepublik, wenn nicht sogar im europäischen oder weltweiten Politiktheater der Gegenwart stecken. Dagegen stellt die von Prof. Ute Planert an der Universität zu Köln organisierte Vorlesungsreihe „Facetten der Weimarer Republik“ Aspekte in den Vordergrund, die sich aus den Ergebnissen aktueller historischer Forschung speisen.
Prof. Gabriele Lingelbach (Kiel/München) ordnet die Weimarer Republik in eine Globalgeschichte der Zwischenkriegszeit ein und beleuchtet die weltweiten wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen eines Staates, der sonst eher aus der Binnenperspektive betrachtet wird. Prof. Moritz Föllmer (Amsterdam) durchbricht die schon zeitgenössische Fokussierung auf Phänomene der Massenkultur und Massengesellschaft und lotet demgegenüber den Stellenwert des Individuums aus. Abschließend setzt Prof. Andreas Wirsching, Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, der gängigen Untergangsrhetorik eine differenziertere Perspektive entgegen und fragt nach den Möglichkeiten einer demokratischen Zukunft für die Weimarer Republik.