L.I.S.A.: Was hat Kodak, 1880 gegründet, denn einst so groß und profitabel gemacht?
Berti Kolbow: Ohne den Gründer George Eastman genialistisch überhöhen zu wollen, hatten Eastman bzw. sein Unternehmen Kodak entscheidenden Anteil an der Entstehung des transatlantischen Massenmarktes für Amateurfotografie ab dem Ende des 19. Jahrhunderts.
Auf der Produktebene bestand die Pionierleistung darin, ein Paket aus erstens, günstigen schuhkartongroßen Simpel-Kameras zu schnüren, die zweitens mit robustem, leichtem Film aus Zelluloid befüllbar waren; drittens wurde den Anwendern der komplizierte Bilderabzug vom hauseigenen Kodak-Entwicklungsdienst oder vom Einzelhandel abgenommen.
Technologisch war nichts davon neu, das innovative Moment war die Kombination der einzelnen Bausteine. In der Anfangszeit wurde dies mit dem inzwischen kultigen Slogan "You press the button, we do the rest“ beworben. Daraus hat sich ein Geschäftsmodell entwickelt, das einige andere Fototechnikhersteller imitiert haben, das aber auch Hersteller etwa von Rasierern und Klingen oder Druckern und Tintenpatronen anwenden. Im Marketing-Englisch heißt es „captive-product pricing“ oder „loss leader pricing“:
Der Gewinn wird mit den hochmargigen Verbrauchsmaterialien erwirtschaftet; die niedrigpreisige Hardware, mit der man nicht zwingend etwas verdient, dient nur als Appetitanreger. Mit dem Erfolg der „Kodak”- und verwandten „Brownie”-Kameras entwickelte sich die private Fotografie in den Industrienationen von einer exklusiven Nische hin zu einem Massenmarkt. Kodak wuchs sehr schnell über den US-Heimatmarkt hinaus und ist schon in den 1880er Jahren nach Europa expandiert. Auch wenn andere Hersteller dazu ebenfalls ihren Beitrag geleistet haben, hat sich Kodak als bekannteste Marke dies und jenseits des Atlantiks etabliert. Die Marktbearbeitungsstrategie, oder kurz, das Marketing, ist meines Erachtens vor allen anderen Aspekten der Schlüssel zur Erklärung des Unternehmenserfolges.
L.I.S.A.: Worauf geht der Name Kodak eigentlich zurück?
Berti Kolbow: Es ist ein reines Kunstwort, das auf den Unternehmensgründer George Eastman zurückgeht. Es entsprach seinen Anforderungen einer gut einprägsamen Wortmarke, die international akzeptabel und schutzfähig war, weil der Begriff in keiner relevanten Sprache existiert. Ursprünglich als reine Produktmarke gedacht, wurde der Begriff auch nach der Einstellung der Kameraserie „Kodak“ wegen des hohen Bekanntheitsgrades später zum Unternehmensnamen.
Kodak wurde in den USA und Deutschland bis zum Ersten Weltkrieg zu einer generischen Marke, also zu einem Synonym für Amateurfotografie. Das war für das Unternehmen früher gar nicht so unproblematisch, weil Fotohändler, wenn Kunden eine „Kodak“ verlangten, mitunter auch Apparate anderer Hersteller anboten, an denen sie mehr verdienten.
Reactions to the article
Comment
http://de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE80I04H20120119