Kirchenbauten sind seit ehedem fester Bestandteil eines jeden Stadtbildes, daran hat sich bis heute nichts geändert. Was sich aber im Zuge der Jahrhunderte verändert hat, sind die Aushandlungsprozesse, in deren Verlauf Kirchen vereinbart, gebaut und genutzt werden. Die Kunsthistorikerin Dr. Antje Fehrmann forscht derzeit über den modernen Kirchenbau in Hamburg und untersucht dabei die Auseinandersetzungen zwischen Architekten, Ingenieuren und Theologen sowie die Aktivitäten von Gemeindemitgliedern und Bürgern auf der Suche nach dem optimalen Kirchenbau in Hamburg. Wir haben sie dazu interviewt.
"Mich interessieren die Diskurse um diese Bauten"
L.I.S.A.: Frau Dr. Fehrmann, Sie sind Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt Architekturgeschichte. Zurzeit arbeiten Sie zu einem Projekt, bei dem es um den modernen Kirchenbau in Hamburg geht. Worum geht es dabei genau? Welchen Zeitraum umfasst der Begriff „modern“ in diesem Zusammenhang?
Dr. Fehrmann: Zugegeben, der Begriff „modern“ ist dehnbar. Von den 1840ern bis in die 1960er Jahre sind die Diskussionen um den optimalen, architektonisch wie atmosphärisch überzeugenden Kirchenbau in Hamburg unter großer Anteilnahme der Bevölkerung geführt worden. In meinem Projekt untersuche ich ausgewählte Kirchenbauten dieser Zeit, mit Schwerpunkt auf den 1950er und 1960er Jahren. Mich interessieren die Diskurse um diese Bauten, genauer: wie Architektur nicht nur als materielles Objekt eigener Ordnung, sondern auch als Ergebnis einer kollektiven Anstrengung innerhalb bestimmter administrativer und institutioneller Grenzen analysiert werden kann. Kirchenbauten eignen sich besonders gut für eine solche Fragestellung, da sie eine liturgische Nutzung möglich machen müssen und ihrerseits Liturgie verändern können.