Wer trägt an einem Konflikt die Schuld? Bei der Beantwortung dieser Frage ist die Perspektive entscheidend: Oft sieht sich jede Seite im Recht und die andere im Unrecht. Diese Beobachtung lässt sich auch für die Online-Enzyklopädie Wikipedia machen, so Prof. Dr. Aileen Oeberst. Die Psychologin hat im Rahmen eines Projektes zu den sogenannten Eigengruppenfehlern in der Wikipedia geforscht und untersucht, wie sich die Darstellung des Konfliktes in den jeweiligen Einträgen unterscheidet. Im Interview wollten wir von der Professorin für Psychologie an der Fernuniversität in Hagen wissen, wann die Eigengruppenfehler auftreten und wie sich diese zukünftig vermeiden lassen - welche Rolle spielt hierbei die künstliche Intelligenz? Und wie beeinflussen diese Fehler unsere Wahrnehmung und zukünftige Entscheidungen?
"Die verschiedenen Sprachversionen von Wikipedia stellen keine Übersetzungen dar"
L.I.S.A.: Prof. Dr. Oeberst, Sie haben gemeinsam mit Prof. Cress, Dr. von der Beck, Dr. Matschke, und Dr. Ihme eine Studie durchgeführt, die die Darstellung historischer Konflikte in der Online-Enzyklopädie Wikipedia untersucht. Bevor wir zu inhaltlichen Fragen kommen: Wie ist die Idee zu dieser Studie entstanden?
Prof. Oeberst: Wir bearbeiteten zu dem Zeitpunkt bereits ein Projekt zum Rückschaufehler in Wikipedia. Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass Menschen im Nachhinein verstärkt das Gefühl haben, dass eingetretene Ereignisse (z.B. Katastrophen) zwangsläufig und vorhersehbar waren. Dafür haben wir eine Reihe von Artikeln in Wikipedia analysiert. In einem Gespräch mit unserem Kooperationspartner Prof. Dr. Steffen Nestler (Universität Münster) kamen wir dann darauf zu sprechen, dass die verschiedenen Sprachversionen von Wikipedia ja eben keine Übersetzungen darstellen, sondern jeweils einzigartige Enzyklopädien sind - die sich somit in ihrer Darstellung internationaler Konflikte durchaus unterscheiden könnten...
Reaktionen auf den Beitrag
Kommentar
Danke diesen Beitrag.
Den Begriff erachte ich als sperrig "Eigengruppenfehler" und zu kurz gefasst. Da diese Problematik mehr umfaßt - betrifft - als Wikipedia nur:
Interessen (wirtschaftliche) sowie Vorlieben (emotional) bestimmen ´gern´ bestimmte - und gegensätzliche, widersprüchliche - Positionen. Da kommt Wahrheit, Wirklichkeit, Sachlichkeit, Objektivität, Wissenschaft (wissenschaftliche Erkenntnisse): immer zu kurz. So auch bei Wikipedia.
Sebst innerhalb Wikipedia ist nicht klar, ob es um traditionelle Enzykopädie geht, oder doch MEHR: Wissen, Wahrheit.
Die Bedingungen für (einen) Status Weltkulturerbe - für diesen Fall - für die Aufnahme bzw. Verweigerung müssen wohl ebenfalls erst noch aufgestellt (erarbeitet) werden.
Daß allerdings die Enzyklopädie Weltkulturerbe selbst seit einiger Zeit - wohl - eine Registrierung erfordert, also nicht mehr öffentlich ist (bei solcher Vorbedingung), um auf die Inhalte zugreifen können, kann ich persönlich nicht gut heißen, nicht positiv bewerten.
Danke das Interesse.
P.S.: Leider ist hier keine - nicht zu Veröffentlichung; aber zu Benachrichtigung - eMail-Adresse angefragt, angeboten.