Kaum eine Fernsehserie hat sich so sehr in die kollektive Erinnerung der (West-)Deutschen eingeschrieben, wie die US-amerikanische TV-Produktion "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss". Vor 40 Jahren strahlte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) den Vierteiler aus, in dem das fiktive Schicksal der jüdischen Arztfamilie Weiss im Berlin während des Nationalsozialismus erzählt wird. Die Reaktionen auf die Sendung übertrafen damals alle Erwartungen. Seit gestern wird die Mini-Serie in einigen dritten Programmen erstmals erneut gesendet. Warum nach 40 Jahren wieder? Diese und anschließende Fragen haben wir dem Fernsehdirektor des WDR, Jörg Schönenborn, sowie der WDR-Fernsehredakteurin Beate Schlanstein gestellt.
"Szenen wie die Bilder aus der Gaskammer werde ich nie vergessen"
L.I.S.A.: Herr Schönenborn, der Westdeutsche Rundfunk (WDR) strahlt seit gestern gemeinsam mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) und dem Südwestrundfunk (SWR) die US-amerikanische Fernsehserie „Holocaust. Die Geschichte der Familie Weiss 1935 – 1945“ aus – ziemlich genau vierzig Jahre nach der Erstausstrahlung im Januar 1979. Haben Sie damals die Serie gesehen? Was verbinden Sie mit ihr?
Schönenborn: Ich war 14, als die Serie ausgestrahlt wurde, und wie viele meiner Generation haben wir „Holocaust“ gemeinsam im Unterricht gesehen. Einige Szenen wie die Bilder aus der Gaskammer werde ich nie vergessen. Und ich weiß noch: Im Geschichtsunterricht über die Judenvernichtung zu sprechen, war das eine. Aber mit der Serie hat nicht nur unser Kopf, sondern auch das Herz verstanden, was passiert war. Nach den Folgen war es in der Klasse immer erst ganz still, bevor wir begonnen haben, darüber zu sprechen. Als ich mich dann vor einigen Jahren mit der Geschichte des WDR-Fernsehens beschäftigt habe, bin ich auf Artikel über die Serie „Holocaust“ aus dem Jahr 1979 gestoßen. Sie war in der ARD ein derartiges Politikum, dass sich der WDR gegen eine Ausstrahlung im Ersten entschied, und sie stattdessen in den Dritten lief. Sie erzielte bis zu 36 Prozent Marktanteil – das ist bis heute einmalig und insofern ist die Serie ein wichtiger Teil der Geschichte unseres Senders.