Die Historians without Borders wurden 2015 in Finnland gegründet und haben sich der weltweiten Vernetzung von Historikern verschrieben. Dabei geht es ihnen vorrangig darum, historisches Wissen grenzüberschreitend zur Verfügung zu stellen und verschiedene Sichtweisen auf historische Ereignisse in Dialog miteinander zu bringen. Nicht zuletzt sollen dadurch auch internationale Konflikte entschärft werden. Über die Grundsätze und Ziele der Historians without Borders (HWB) haben wir uns mit Dr. Jan C. Behrends vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam unterhalten. Dr. Behrends sitzt als einziger Deutscher im Koordinationsausschuss der Organisation.
"Politische Instrumentalisierung von Geschichte hinterfragen"
L.I.S.A.: Wie kam es zur Gründung der Historians without borders? Welche Personen und welche Motivation standen dahinter?
Dr. Behrends: Die Organisation Historians without Borders wurde von dem Historiker und ehemaligen finnischen Außenminister Erkki Tuomioja initiiert. Er wurde dabei vom Vorbild der Médecins sans frontières oder der Reporter ohne Grenzen inspiriert. Der Grundgedanke ist erstens die internationale Vernetzung von Historikern sowie ihre verstärkte Einbeziehung in politische Konflikte. Lange Zeit haben sich Historikerinnen und Historiker primär über ihre akademische Arbeit definiert, doch in den vergangenen Jahren haben wir gesehen, dass die Politik – in demokratischen, aber insbesondere auch in autoritären Staaten – sich historischer Erzählungen bedient, um spezifisch nationale Positionen zu legitimieren. Hier können wir eingreifen und immer wieder einen differenzierten Blick auf das Geschehene einfordern, politische Instrumentalisierung von Geschichte hinterfragen. Außerdem wollen wir testen, inwieweit das Wissen und die Arbeit von Historikern auch bei der Lösung von Konflikten eine Rolle spielen können. Bisher war es ja eher umgekehrt: Oft hat die Geschichtswissenschaft mit ihren Erzählungen Konflikte eher befeuert als entschärft.