Die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, im Kriegsfall auch kulturelle und historische Stätten in Iran gezielt angreifen zu wollen, hat für große Empörung gesorgt. Das umso mehr, war doch die Zerstörung von Weltkulturerbe in den vergangenen Jahren vor allem mit dem Islamischen Staat im Mittleren und Nahen Osten sowie mit der Taliban in Afghanistan verbunden und weltweit als barbarisch geächtet. Wir haben PD Dr. Ute Franke, Archäologin für Vorderasien sowie ehemalige Stellvertretende Direktorin des Museums für Islamische Kunst in Berlin, um eine Einschätzung gebeten. Seit 2018 arbeitet sie zudem zur Vormoderne des iranischen Hochlands und erforscht dabei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wandel der Region und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner.
"Damit ruft der US-amerikanische Präsident zu einem Kriegsverbrechen auf"
L.I.S.A.: Frau Dr. Franke, wie haben Sie als in Vorderasien, und auch in Iran, tätige Archäologin sowie als ehemalige Stellvertretende Direktorin des Museums für Islamische Kunst in Berlin die Ankündigung der US-Administration aufgenommen, in einem potentiellen Krieg mit dem Iran kulturelle Stätten des Landes gezielt zu bombardieren bzw. zu zerstören?
PD Dr. Franke: Diese nahezu unglaubliche Nachricht passt in den Kontext der Twitter-Nachrichten aus dem Weißen Haus. Trotzdem kann man diesen Aufruf nicht als reine Rhetorik ignorieren: Er ist eine bewusste Provokation, auch in der Rhetorik, und steht ganz eindeutig im Widerspruch zu den Protokollen der Genfer und zu der Haager Konventionen. Damit ruft der US-amerikanische Präsident zu einem Kriegsverbrechen auf. Im Rahmen der politischen Gemengelage ist eine solche gezielte Eskalation, die explizit auf die kulturelle Ebene abzielt und damit einen „Zivilisationsbruch“ (Tagesspiegel, 6.1.20) darstellt, seitens einer westlichen demokratischen Großmacht erschreckend und inakzeptabel.
Seit ihrer Verbreitung hat es bereits zahlreiche internationale Proteste gegeben. US-Außenminister Pompeo hat inzwischen zugesagt, sich an internationales Recht zu halten. Politisches Kalkül ja oder nein, Trump hat damit so oder so sein Ziel erreicht, nämlich zu provozieren - negative Presse ist kein Hinderungsgrund.