Seit einer Woche läuft in den Kinos der Spielfilm "Der Staat gegen Fritz Bauer". Konzipiert als Politthriller und weniger als Dokumentation setzt er Fritz Bauers Wirken als hessischer Generalstaatsanwalt während der Auschwitz-Prozesse der 1960er Jahre in Szene. Im Plot sind historische Rekonstruktion und fiktive Elemente miteinander verwoben. Wird das der historischen Persönlichkeit Fritz Bauers gerecht? Und darüber hinaus stellen sich Fragen nach Fritz Bauers Rolle vor, während und nach den Prozessen gegen die NS-Täter. Werner Renz vom Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main erforscht die Geschichte der Frankfurter Auschwitz-Prozesse sowie die Geschichte des Konzentraktionslagers Auschwitz-Birkenau und hat bereits mehrfach dazu publiziert - zuletzt das Buch "Fritz Bauer und das Versagen der Justiz". Wir haben ihm unsere Fragen gestellt.
"Aus dramaturgischen Gründen Beschränkung auf ein Tätigkeitsfeld Bauers"
L.I.S.A.: Herr Renz, Sie forschen zu Fritz Bauer und haben sich in diesem Zusammenhang intensiv mit der Geschichte der Frankfurter Auschwitz-Prozesse beschäftigt. Fritz Bauer ist zuletzt wieder ins öffentliche Interesse geraten – nun als Protagonist im neuen Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Wird der Film der historischen Figur Fritz Bauer gerecht?
Renz: Der Spielfilm Der Staat gegen Fritz Bauer kann der überaus komplexen historischen Figur Fritz Bauer in ihrer Ganzheit natürlich nicht vollständig gerecht werden. Der Spielfilm konturiert und konzentriert aus nachvollziehbaren Gründen Fritz Bauer auf ein bestimmtes Feld seines Wirkens: die Verfolgung von NS-Verbrechern, die justizielle Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Bauer war als Justizjurist vor allem ein Streiter für die Reform des Strafrechts und des Strafvollzugs. Er war ein progressiver Kriminalpolitiker, der an die Stelle des überkommenen Schuldstrafrechts ein Behandlungsrecht setzen wollte.
Der politische Aufklärer Bauer, der durch Vorträge, durch Radiosendungen, durch Auftritte im Fernsehen, durch Teilnahme an Tagungen und Konferenzen etc. öffentlich wirken, einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und politischen Erziehung leisten wollte, kommt gleichfalls in dem Spielfilm nicht vor. Diese "Defizite" sind dem Spielfilm selbstverständlich nicht zum Vorwurf zu machen, der sich aus dramaturgischen Gründen auf ein interessantes und inszenierbares Tätigkeitsfeld Bauers beschränken musste.
Reactions to the article
Comment