Die Vermittlung von geisteswissenschaftlichen Ergebnissen in die Öffentlichkeit geht bis heute noch häufig klassische Wege: Besprechungen in Feuilletons, Rezensionen in Fachpublikationen, Vorträge auf Tagungen und Konferenzen. Erreicht wird darüber in der Regel ein Publikum, das vor allem aus Kolleginnen und Kollegen besteht, was den Vorwurf, die Geisteswissenschaften seien vor allem selbstreferentiell, zu bestätigen scheint. Dass dem nicht so ist, sondern dass geisteswissenschaftliche Disziplinen auch und gerade einer breiten Öffentlichkeit viel zu sagen haben, ist die Überzeugung moderner Wissenschaftskommunikation. Die Universität Münster hat aus dieser Überlegung heraus ein Pilotprojekt entwickelt und am Exzellenzcluster "Religion und Politik" ein Zentrum für Wissenschaftskommunikation gegründet. Wir haben der Leiterin des Zentrums, Viola van Melis, unsere Fragen gestellt.
"Wissenschaftskommunikation ist in der Regel 'Naturwissenschaftskommunikation'"
L.I.S.A.: Frau van Melis, Sie leiten das Zentrum für Wissenschaftskommunikation des Exzellenzclusters "Religion und Politik" an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Warum hat ein Exzellenzcluster ein eigenes Zentrum für Wissenschaftskommunikation?
van Melis: Mit der Gründung des Zentrums für Wissenschaftskommunikation am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ ist ein Pilotprojekt für die Geistes- und Sozialwissenschaften entstanden: Im Vergleich zu den MINT-Fächern sind sie Nachzügler in der Forschungsvermittlung. Sie vermitteln ihre Erkenntnisse weit seltener systematisch an eine breitere Öffentlichkeit. Insgesamt hat sich die Wissenschaftskommunikation in Deutschland zwar in den vergangenen zwei Jahrzehnten ausdifferenziert und professionalisiert, doch in der Regel ist es „Naturwissenschaftskommunikation“. Die Exzellenzinitiative bot in Münster die Chance, ein Modellprojekt für die Kommunikation aus gut zwanzig geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern aufzusetzen. Bundesweit hat unseres Wissens keine andere geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtung eine solche Dialogstelle.