Die Promotion ist die Eintrittskarte in die Wissenschaft. Jahr für Jahr werden in Deutschland rund 25.000 Doktortitel vergeben. Wer es geschafft hat, rechnet sich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus - ob in der Wissenschaft oder auch in anderen Berufsfeldern. Doch die Promotion ist heute kein Garant mehr für eine steile Karriere. Nicht selten stehen viele nach langem und entbehrungsreichem Studium ohne konkrete Berufsperspektiven da. Dr. Behrang Samsami hat die Promotion geschafft, blickt aber kritisch auf die vergangenen Jahre zurück. Wir haben ihn zu seinen Erfahrungen mit dem Verfassen einer Dissertation gefragt.
"Abhängigkeit führt zu Angst"
L.I.S.A.: Herr Dr. Samsami, Sie wurden an der Freien Universität Berlin promoviert. Zuletzt veröffentlichten Sie in einer Wochenzeitung einen Beitrag über die Bedingungen, unter denen heute promoviert wird. Was hat Sie dazu veranlasst?
Dr. Samsami: Die unklare rechtliche Situation von Doktoranden, ihre unzureichende Bezahlung als Universitätsangestellte und das problematische Verhältnis zum Betreuer – das waren vor allem die Gründe, die mich bewogen, den Beitrag Professor Rabenvater zu veröffentlichen. In den letzten Jahren traf ich wiederholt auf andere Nachwuchsforscher, deren schwierige Lebens- und Arbeitssituation mich aufhorchen ließ. Die meisten von ihnen können sich nicht auf das Dissertationsprojekt konzentrieren, sondern jobben zusätzlich, um sich zu finanzieren. Haben sie das Glück, als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität angestellt zu sein, müssen sie neben der eigenen Forschung und Lehre auch ihre Doktormutter bzw. ihren Doktorvater unterstützen – und das für wenig Geld.
Gegen die mangelhafte Entlohung und die kurzen, ein bis Jahre währenden Arbeitsverträge zu protestieren, können sich diese Doktoranden im wahrsten Sinn des Wortes aber nicht leisten. Ihre Abhängigkeit führt zu Angst. Die Doktoranden wehren sich nicht gegen die prekären Verhältnisse, nicht gegen ihre Ausbeutung, die wissenschaftlich sein kann, etwa wenn ihre Forschungsergebnisse plagiiert werden. Wer sich doch wehrt, nimmt in Kauf, nicht nur seine Stelle, sondern auch die Unterstützung des Betreuers zu verlieren, dessen Netzwerk sich für den Nachwuchsforscher verschließt, ja sogar gegen ihn gewandt werden kann. Darum gibt es nicht viele, die offen die ungerechten Zustände infrage stellen. Es steht viel auf dem Spiel.
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http://chronicle.com/article/Self-Sabotage-in-the-Academic/138875/