Interdisziplinäre Arbeitsgruppe »Bildkulturen« der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften; Konzeption und Organisation Dr. Margrit Vogt und Dr. Ingeborg Reichle, Berlin 07.07.2011-08.07.2011, Einsteinsaal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Die Farbe ist keine Invariable, sondern ein Resultat kultureller Codierung. Sie stellt einen wesentlichen Schlüssel zu unserem Selbst- und Weltverständnis dar. Die vom 7. bis 8. Juli 2011 geplante Tagung der interdisziplinären Arbeitsgruppe »Bildkulturen« der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften widmet sich den Bedingungen und Möglichkeiten unserer Farberkenntnis und reflektiert unser Farbverständnis als gesellschaftlich codierte Komponente. Um den blind spot der gesellschaftlich vermittelten Farbe ausfindig zu machen, sollen philosophische, bildwissenschaftliche, linguistische, psychologische, historische, wissenschaftsgeschichtliche, kunst- und koloritgeschichtliche sowie literarische, etc. Farbdefinitionen und Farbverwendungen möglichst aus transkultureller Sicht diskutiert und die Farbe in ihrer Dimension als Erkenntniswert umfassend in den Blick genommen werden.
Bereits in der Antike wird Farbe zum Reflexionsgegenstand von Philosophen, Kunsttheoretikern, bildenden Künstlern und Dichtern. Zum salonfähigen Thema avanciert die Farbdebatte jedoch erst mit Newtons prismatischer Farberkenntnis, deren Diskussion einhergeht mit der Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Physik im Jahre 1730. Die einsetzende Newtonrezeption und die damit verbundene Dispersion der physikalischen Farbdebatten tragen wesentlich zur diskursiven Entdeckung der Farbe bei. Spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts hat die Farbthematik mit der Nobilitierung zum Gegenstand natur- und geisteswissenschaftlicher Forschung Konjunktur: Die Diskurse werden vernetzt und die quantitative Multiplikation von Farbstudien Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt sich zur qualitativen Wissensexplosion: Nach der Disegno-Colore-Debatte und der gefeierten Wiederentdeckung der Enkaustik als der Antike entstammenden Maltechnik mit farbiger Wachsmalerei erhitzt Mitte des 19. Jahrhunderts die Kontroverse »Monochromie vs. Polychromie« um die farblose oder mehrfarbige antike Architektur die Gemüter genauso wie das Für und Wider von Newtons Farbsystem oder Goethes Farbenlehre. Die Farbe wird nicht nur zur zentralen und heftig umstrittenen Schnittstelle chemischer und physikalischer, medizinischer, architektonischer, wahrnehmungspsychologischer, kunsttheoretischer, ästhetischer und künstlerischer Diskurse; vielmehr steht auch ihre Bedeutung in der Literatur außer Zweifel, man denke lediglich an die Farbe Blau als Signalmarker einer gesamten literarischen Epoche, als Sinnträger des romantischen Sehnens nach Liebe und Glück.
Mit erkenntnistheoretischem und erkenntniskritischem Impetus will die Tagung der Frage auf den Grund gehen, ob all unseren Farbwahrnehmungen gesellschaftlich vermittelte und Perspektiven formende Komponenten vorgelagert sind. In diesem Sinn konzentriert sich die Veranstaltung auf die Bedeutungsdimension der Farbe in ihrer gesellschaftlichen Verwendung und will auf den Erkenntniswert Farbe als Schlüssel zu unserem Weltverständnis aufmerksam machen. Dabei sollte die kulturelle Bedeutungsdimension der Farbe nicht unterschätzt werden. Jede Gesellschaft prägt nicht nur ihre Zuteilung der Farbwerte auf Farbwörter aus, sondern lädt die einzelnen Farben mit anderen Bedeutungen auf.
Mit der Interdisziplinären Arbeitsgruppe »Bildkulturen« erforscht die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften anhand eines ganzen Spektrums von akademischen Disziplinen - von der Kunstgeschichte und Archäologie über Philosophie und Ethnologie, Japanologie und Sinologie, Ägyptologie und Theologie bis hin zu Mathematik, Biologie und Informatik
- Phänomene transkultureller Bildkulturen in einer zunehmend globalisierten Bildwelt.
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http://www.bbaw.de/veranstaltungen/2011/juli/farbe
Beste Grüße!
ak