Vor 100 Jahren ließ sich in dem kleinen Eifeldorf Simonskall eine Gruppe Kölner KünstlerInnen und Intellektueller nieder und gründete die Kalltalgemeinschaft. InitiatorInnen waren der Publizist Carl Oskar Jatho und seine Frau, die Schriftstellerin Käthe Jatho-Zimmermann. Im Junkerhaus in Simonskall fanden sie einen Ort, der einen kontinuierlichen Austausch über Kunst, Literatur, Philosophie und Lebensgestaltung ermöglichen sollte. Dazu kamen zeitweise die KünstlerInnen Franz W. Seiwert sowie Heinrich und Angelika Hoerle. Auch Otto Freundlich war ein gern gesehener Gast. Unmittelbar aus der Münchner Räterepublik geflohen strandete Ret Matrut alias B. Traven bei den rheinischen FreundInnen. Gemeinsam gründete man die Kalltal-Presse, deren Publikationen die Ideen der Kalltalgemeinschaft öffentlich machen sollten. Das Ziel war dabei – dem 1919 in Weimar gegründeten Bauhaus vergleichbar – nicht nur eine neue Ästhetik, sondern eine Vernetzung von Kunst und Leben für eine offene, europäische Gesellschaft. Dabei entdeckte man in Weimar wie in Simonskall die Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit als Form gegenseitiger Bereicherung und kreativer Konzentration. Die Praxis der mittelalterlichen Bauhütte und die Idee des (sakralen) Gesamtkunstwerkes standen dabei Pate.
Simonskall wurde 1919 zu einem temporären Ort gelebter Utopie und wird im September 2019 als solcher wiederbelebt: Für eine Woche arbeiten KünstlerInnen, SchriftstellerInnen, Musikschaffende, Theaterleute und ArchitektInnen als ExpertInnen für Utopien der Gegenwart zusammen. Es gründet sich ein Improvisationschor, es entstehen Land Art Projekte, es werden Texte der Kalltalgemeinschaft gelesen, neue Texte geschrieben und theatralisch inszeniert. Im Jugendhaus Utopia entwickeln SchülerInnen Ideen für eine Welt von morgen. In der offenen Denkschule, im Rahmen von Symposien, Vorträgen und künstlerischen Impulsen wird über die Vergangenheit und die Zukunft, die Natur und die Landschaft, den Raum und das Bauen nachgedacht, gesprochen und produktiv gestritten. Verschiedene Fachbereiche der Alanus-Hochschule Alfter beteiligen sich mit projektorientierten Aktivitäten. Der Fachbereich Architektur der Dessau Hochschule Anhalt bietet eine Bauhütte an. Viele Akteure vor Ort, die Gemeinde Hürtgenwald, der Verein HöhenArt e.V., die Schulen, sowie Bildungseinrichtungen wie die Volkshochschule Rur-Eifel und die Stadtbücherei Düren sind eingebunden.
Alle Workshops und Veranstaltungen sind kostenlos.
Projektleitung: Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann,
Dr. Jasmin Grande und Dr. Martina Padberg