Wie kann Zeitgeschichte in Museen ausgestellt werden? Welche Rolle haben Museen mit Blick auf Nationbuilding, Dekonstruktion und traditionelle Geschichtsbilder? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Tagung "Das umkämpfte Museum. Zeitgeschichte ausstellen zwischen Dekonstruktion und Sinnstiftung", die von PD Dr. Heidemarie Uhl und Dr. Ljiljana Radonić organisiert wurde und zu der kürzlich ein Sammelband erschienen ist. Wir haben mit den Herausgeberinnen gesprochen und um eine Einschätzung der Entwicklungen gebeten: Vor welchen Herausforderungen stehen zeitgeschichtliche Museen? Inwiefern grenzen sie sich von Gedenkstätten ab? Und angesichts der zahlreichen geschichtspopulären Angebote: Brauchen wir Museen heute überhaupt noch?
"Avantgarde der selbstkritischen Auseinandersetzung mit Identität"
L.I.S.A.: Dr. Radonić, Dr. Uhl, Sie haben gemeinsam den Sammelband „Das umkämpfte Museum. Zeitgeschichte ausstellen zwischen Dekonstruktion und Sinnstiftung“ herausgegeben. Welches Forschungsinteresse liegt dem Projekt zu Grunde? Und welche Vorarbeiten gingen dem Projekt voraus?
Dr. Radonić: Uns hat fasziniert, dass zeithistorische Museen in manchen Ländern derzeit die Avantgarde der selbstkritischen Auseinandersetzung mit Identität und Machtverhältnissen sind, während sie in anderen als Flaggschiffe einer nationalistischen Umdeutung der Vergangenheit fungieren. Das haben wir dann – unmittelbar vor der Eröffnung des Hauses der Geschichte Österreich – mit MuseumstheoretikerInnen und ‑praktikerInnen bei der gleichnamigen Konferenz am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften diskutiert, auf die der Band zurückgeht. In meinem Fall sind Museen meine tägliche Arbeit: der Gegenstand meiner Habilitation über den Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen, wie auch des von mir geleiteten und vom Europäischen Forschungsrat (ERC) finanzierten Projektes über Globalisierte Gedenkmuseen, in dem mein Team und ich 50 Museen weltweit untersuchen.